Das bedeutet Ecuador für mich…

Anfang Februar hatten wir unser Zwischenseminar in einer Lodge in der Nähe von Tena. Es war total schön, die anderen Freiwilligen wiederzusehen und sich auszutauschen. Gemeinsam haben wir Themen und einen Seminarplan erarbeitet. Wie auch beim Vorbereitungsseminar wurde viel reflektiert… Unser Abschlussthema am letzten Tag war „Was bedeutet Ecuador für dich?“. Es war total spannend zu sehen, wie teilweise die gleichen, teilweise total verschiedene Assoziationen in meiner Kleingruppe auftauchten. Einen großen Unterschied merkt man auf jeden Fall je nach dem, ob die Person in der Sierra (Andenregion) oder im Oriente (Amazonasregion) lebt und arbeitet. Ich dachte, vielleicht sortiere und teile ich die Stichwörter mal, die wir so gesammelt haben… Die Wörter, die Fett markiert sind, sind die stärksten Assoziationen für mich.

Unterwegs und Alltag

Kolonialstädte

Z.B. Cuenca oder das historische Zentrum von Quito. Die Einzigen „schönen“ Städte mit hübschen alten Häusern etc.

Historisches Zentrum in Quito
heruntergekommene/ hässliche Städte

Das typische Stadtbild in Ecuador ist doch eher trist.

Wäscheleinen

Wäsche wird vor/ neben/ auf dem Haus auf gehangen und gehört zum Stadtbild. Die Sonne wird zum Trocknen ausgenutzt.

Straßenhunde

Straßenhunde findet man echt überall. Manche sind komplett ohne Besitzer*in, andere dürfen wie Katzen einfach frei herumstreichen. Manchmal muss man aufpassen, weil sie aggressiv sein können.

Motor-Kanu

Riesige Kanus die mit Motor betrieben werden sind das Fortbewegungsmittel auf Flüssen. Manche Orte erreicht man auch nur so…

Comunidades

= sehr kleine, i.d.R. Indigene Dörfer

Blechdächer

Gibt es häufiger, besonders bei Regen wird es darunter echt laut.

Abgase

freie Hühner

Vor allem in kleineren Städten/ Dörfern laufen nicht nur Hunde, sondern auch Hühner frei herum.

Hühner auf dem Schulhof in Puka Urku
ungesicherte Dachterassen

Habe ich persönlich eher weniger gesehen, soll aber in den Bergen ein Ding sein.

Klopapier mitnehmen/ nicht herunterspülen

Entweder man hat selber was dabei, oder man kann meistens bei öffentlichen Toiletten für 25 cent ein bisschen abgewickeltes Papier kaufen. Das Papier wird immer separat in den Müll getan, damit die Wasserreinigung einfacher ist oder so.

Bargeldkultur

Fast überall kommst du nur mit Bargeld weiter und Leute heben teilweise auch winzige Beträge wie 10 Dollar einzeln ab, wenn sie sie brauchen.

Jesus/ Maria/ Heiligenbilder

Statuen, Kreuzen, Bildern, Amuletten oder Bibelzitaten begegnet man überall, z.B. im Bus. Das Land ist schon recht katholisch geprägt.

verschiedenen Klimazonen

Die Küste, die Berge, der Regenwald und die Galapagos-Inseln sind die vier verschiedenen „Welten“ Ecuadors und haben schon einige Unterschiede (nicht nur klimatisch).

Plastiktüten

Jeder mini-Einkauf wird in eine oder mehrere Plastiktüten eingepackt.

Straßenverkäufer*innen in Bussen

Wenn ein Langstreckenbus hält steigen normalerweise Straßenverkäufer*innen kurz ein, gehen einmal bis nach hinten und bieten ihre Ware feil.

Moto-Taxi

Motorräder sind DAS Fortbewegungsmittel hier und ab 50 cent kann man sich mitnehmen lassen. Gut und gerne quetschen sich mal 2-4 Leute auf eine Maschiene, i.d.R. hat maximal der*die Fahrer*in einen Helm…

schreiende Verkäufer*innen

Man gewöhnt sich daran, aber überall in der Straße/ auf dem Markt/ im Bus/ … kann versucht werden, dir die eigene Ware zu verkaufen.

Wildes Bussystem

Am Anfang hat es Umgewöhnung gebraucht, denn das Bussystem ist hier zwar recht flächendeckend ausgebaut, aber sehr anders als in Deutschland. Z.B. gibt es keine Haltestellennamen, keine Fahrpläne für Stadtbusse, du kannst überall rausgeschmissen werden, bezahlst in Münzen direkt beim Einsteigen, die Busse rasen recht gerne mal und manchmal bleiben einfach die Türen beim Fahren offen.

Taxi-Fahren

Ist auch recht verbreitet und in Vergleich zu Deutschland echt mega günstig (2-3 Dollar für eine einfache Fahrt).

Cat-Calling

Leider auch recht verbreitet, auch wenn es drauf ankommt, wo man ist… 🙁 Mir zum Glück noch nicht allzu oft begegnet.

schlechte Filme in Reisebussen

Vor allem Action und Horror, das Ding ist, sie laufen (auch nachts) immer laut und es sind ja auch Kinder im Bus…

Cédula Nummer

Cédula ist der Personalausweis hier und die eigene Nummer kann jede*r auswendig und wird beim Einkaufen, Irgendwo registrieren oder Rechnung schreiben immer abgefragt.

Capybara

Manchmal kommt das Gefühl auf, Ecuador ist ein Capybara (das sind diese süßen Felltiere) Fanclub. Immer wieder begegnen einen Capybara Kuscheltiere, aber auch alle möglichen anderen Artikel (Rucksäcke, T-Shirts, …).

Haifisch-Schlappen

Badeschlappen, die aussehen wie Haifische. Keine Ahnung warum die hier so viele tragen, auf jeden Fall findet man sie auffällig häufig.

wunderschöne Natur

Die Natur, die ich bis jetzt sehen durfte, war einfach nur atemberaubend. Sowohl die Anden als auch der Regenwald ist wunderschön.

Wasserfälle

Ich habe in sechs Monaten bestimmt mehr Wasserfälle gesehen als je zuvor in meinem Leben 🙂

krasse Viecher

Insekten haben hier alle noch einmal ein Upgrade – in der Regel größer und manche können unerwartet einfach fliegen (Kakerlaken? Heuschrecken? Ameisen?). Außerdem gibt es alle möglichen Arten von Schrecken, die sich als Stöcke oder Blätter tarnen. Und dann gibt es noch die Mücken… Alles in allem habe ich mich aber recht schnell an die Tiere gewöhnt.

Die Melodie des Gas-Autos

Fast alle kochen hier mit Gasherd und es gibt so Wägen, die die Flaschen liefern. Immer wenn das Auto auf der Straße vorbei fährt spielt es die gleiche nervige Melodie ab, damit alle wissen, dass sie rauskommen und Gas kaufen können… So iconic.

niedrige Preise

Ein Mittagessen für 2,5 $, eine Busfahrt für 30 cent oder Taxi fahren für drei Dollar… Ich werde die Preise hier vermissen.

Machete

Vergesst Rasenmäher, Gartenscheren, Äxte, Küchenmesser etc. etc. Macheten sind multifunktional und werden immer eingesetzt 🙂

Ich beim Machete schleifen…

Essen und Essenskultur

Überzuckerte Säfte (jugos)

Jugos – Säfte – gibt es echt überall und immer als Getränk

mora

Mora ist eigentlich Brombeere, nur das diese hier einen leicht anderen Geschmack hat. Zur Zeit ist sie reif und man findet sie überall. Mit Gelatine zum Lutschen, als Eis, Sauce für Desserts, Saft, Marmelade, ….

frutas

Ich glaub zu frutas (Früchten) muss ich nicht viel sagen… Alle Formen und Farben vertreten.

helado con queso (Eis mit Käse)

Sehr fettig, aber eigentlich ganz lecker

viel Mayo

oft sogar selbstgemacht…

alle trinken aus den gleichen Becher

vor allem in der Schule, beim Feiern oder in der Communidad

(Trockener) Reis

Reis ist schon das Grundnahrungsmittel hier und wird auch durchaus pur mit Hähnchen, ohne Sauce gegessen…

Öl, Fett, Kohlenhydrate

Trotz der Vielfalt an Gemüse und Obst hier ist die traditionelle Küche doch eher Reis mit Frittiertem. Überall wird noch mal ordentlich Öl oder Käse dazu gegeben

Achiote

Die Pflanze wird einerseits zur Körperbemalung (oder von mir auch einfach so zum Malen) genutzt, andererseits wird ihr rötliches Öl sehr gern zum Kochen verwendet und z.B. Reis oder Saucen beigegeben

salsa de tomate (Ketschup)

Ketchup wird wie Mayo bei Straßenverkäufen fast immer dazu gegeben, hat aber leider oft einen eher chemischen Geschmack und erinnert noch weniger an Tomate als in Deutschland

ají (Chili)

Chili wird in Form von selbst gemachten (stückigen/ Salat ähnlichen) Saucen immer zum Essen dazu gestellt)

Tilapia Folterbecken

Tilapia ist ein Fisch, der hier sehr beliebt ist. In der Straße kommt man immer mal wieder an Fischereien vorbei, die Becken wirklich vollgestopft mit diesen lebenden Fischen haben. Glücklich können die da nicht sein…

Das ist tatsächlich noch einmal eine andere Fischart und das Becken ist noch verhältnismäßig leer, aber so in etwa kann man es sich vorstellen…
guaba

Guaba ist eine Frucht die wie in einer ca. 1 m langen Bohne wächst und man echt überall am Straßenrand findet. Man isst das weiße Fruchtfleisch der Bohnen und spuckt den Kern dann aus.

Parasiten und Margen-Darm

An den beiden Themen kommt man in Ecuador auf Dauer wohl nicht vorbei…

Kokossaft auf der Straße

Wird wirklich überall angeboten und ist mega lecker.

schlechtes Brot

Das Brot ist weiß, sehr luftig und in der Regel sehr sehr trocken. Manchmal hast du noch eine kleine Käsefüllung. Von der Größe ist jedes Brot eher ein Brötchen, nur dass es keine Kruste hat.

Bohnen/ Linsen

Bohnen/ Linsen in allen Möglichen Ausführungen gibt es als sogenannte manestra zum Standard Gericht (Reis/ Bohnen/ Salat/ Hähnchen) überall dazu. Stangenbohnen sind das Einzige, was mir fast nie begegnet.

Eier

Überall kann ein (Spiegel-)ei dazu serviert werden. Normalerweise kauft man Eier in großen Paletten auf die vielleicht so ca. 25 Eier passen. Am Tag 3-5 Eier zu essen passiert sehr schnell hier…

pollo (Hühnchen)

Absolutes Lieblingsessen der Meisten hier. Überall gibt es Hähnchen mit Reis und Hähnchensuppe. Der Fleischkonsum ist wirklich enorm und auch wirklich billig. Übrigens: Pollo wird nicht zu carne, also Fleisch dazu gezählt. Carne ist dann der Rest (Rind, Schwein, …).

Nestle

Beim Einkaufen kommt man um Nestle leider überhaupt nicht herum. Fast alle verarbeiteten Produkte kommen davon…

Kakao Bohnen

Das Fruchtfleisch zu lutschen ist echt lecker. Außerdem sieht man oft die Bohnen auf Landstraßen am Rand in der Sonne trocknen.

Screenshot
plátanos (Kochbananen)

Kochbananen gibt es wirklich überall. Man kann sie als Chips machen, frittieren, kochen, kochen und danach zu Krümeln zerstampfen, in Suppen tun, … Man unterscheidet zwischen verde und maduro (grün und reif). Die Grünen kann man nur gekocht essen und sind eher herzhaft (sehr lecker), die bereits Reifen sind sehr süß, karamellisieren beim Braten leicht und werden trotzdem zu herzhaften Gerichten gereicht (ich stehe nicht so drauf…). Beim Schälen muss man voll aufpassen, denn die Schale hat so einen klebrigen Saft der Braune Flecken hinterlässt und nicht abgeht.

encebollado

Eine typische Fischsuppe die sehr viele (Einheimische wie Ausländer*innen) lieben… Ich mache mir nicht so viel draus.

Suppen

Bei einem normalen Essen für 2-4 US-Dollar bekommt man in der Regel vor dem Riesen Teller Reis/ Bohnen/ Salat/ Hähnchen eine Suppe. Suppen gibt es echt überall, allerdings meistens mit Fleisch.

Guayusa

Eine Art Tee, aus dem man auch sehr gesüßten Eistee machen kann. Die Pflanze ist sehr lokal, enthält viel Koffein und soll sehr gesund sein. Er wurde von Indigenen schon lange als alltägliches Getränk, in Zeremonien oder vor der Jagd getrunken und hält einen angeblich jung. Im Amazonasgebiet gibt es den (Eis-)tee überall, in den Bergen kennen sogar viele das Getränk nicht einmal…

Die getrockneten Blätter
Guayusa Tee
ungewürztes Popcorn

Popcorn (ohne Salz/ Zucker) wird wie Crotons in Suppen getan.

Yuka und Chicha

Yuka ist eine Wurzel, die man z.B. kochen oder frittieren kann und dann vom Geschmack her ein bisschen an Kartoffel erinnert. Wird überall dazu gereicht und wächst auch an Straßenrändern. Chicha ist ein indigenes Getränk, das aus fermentierter Yuka besteht und für mich ein bisschen den Geschmack von Ziegenmilch hat. Das Getränk sättigt sehr und wird z.B. während der Arbeit getrunken. Nach ein paar Tagen enthält es ordentlich Alkohol.

Löffel

Nicht immer, aber ab und zu gibt es beim Essen nur einen Löffel. Mit der Zeit lernt man alles Mögliche damit zu essen (auch Spiegelei).

Lebensmittel-Ampel

Auf jedem verarbeitetem Produkt steht hinten drauf, ob es jeweils wenig (grün), mittel (gelb) oder viel (rot) Fett, Salz und Zucker enthält.

Kultur

Familie

Familie hat in Ecuador durchschnittlich einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland. Auch junge erwachsene Menschen sind noch jahrelang/ jahrzehntelang von ihren Eltern beeinflusst (abhängig?) und leben auch länger noch zuhause.

Ecuabet

Wetten um Geld (z.B. bei Fußballspielen) ist sehr verbreitet…

US-Fan

Vor allem in den Städten merkt man überall den Einfluss der US-Amerikanisierung. Vieles wird relativ unreflektiert übernommen/ nachgeeifert. Dazu gehört nicht nur der US-Dollar als Nationalwährung, auch der Bau von Malls, sich Coca Cola leisten können, Konsum, amerikanische Filme, …

Nationalstolz

Für mich als Deutsche ist es teilweise befremdlich, den starken Nationalstolz anderer mitzubekommen. Das soll allerdings generell ein Ding in Amerika sein. In Ecuador ist es in Highschools z.B. üblich die Flagge zu hissen und die Nationalhymne in Reih und Glied zu singen. Überall begegnet man Ecuador-Flaggen und die meisten Menschen sind stolz auf ihr Land.

traditionelle Kleidung

Während traditionelle Kleidung der Amazonasregion i.d.R. Nur bei Tanzaufführungen auf Festen getragen wird, begegnet man in den Anden immer wieder Indigenen mit ihren Hüten, langen Röcken, Goldschmuck etc. etc.

traditionelle Blusen auf Indigenen Markt in Otavalo
Tanzauftritt zur Feier in Puka Urku in traditioneller Kleidung
Katholische Kirche

Der Großteil der Bevölkerung Ecuadors ist katholisch und man bemerkt diesen Einfluss überall. Neben vielen Kirchen stolpert man immer wieder über Abbildungen von Jesus/ Maria/ Heiligen im Bus, auf der Straße etc. Mein Umfeld im Freiwilligendienst ist nicht so stark religiös geprägt, aber andere Freiwillige sind z.B. in religiösen Kindereinrichtungen oder leben bei einer katholischen Gastfamilie. In der Grundschule, in der ich arbeite, wird mit den Kindern gebetet/ Kirchenlieder gesungen.

Sexualität offener/ sichtbarer?

Für mich als Außenstehende wirkt die Ecuadorianische Kultur sehr ambivalent. Auf der einen Seite steht die starke Religiosität, auf der anderen sexuelles Ausleben. Hier wird es häufiger nicht als Widerspruch angesehen z.B. gläubig zu sein, aber in sehr enger Kleidung in Discos getanzten Sex zu haben. In Bussen begegnen mir Bibelzitate und Jesusbilder, aber auch Sprüche wie z.B. (übersetzt) “Wenn der Knopf nicht funktioniert, dann schreie wie letzte Nacht”, “Wenn das Kind vom Fahrer ist, ist die Fahrt kostenlos.” oder “Ich bin wie der Honig der Biene, an mir bleiben Frauen kleben.”… Direkt daneben “Gott beschütze mich auf meinem Weg”…

Ich würde nicht sagen, dass alle hier total sex-geil oder aufreizend gekleidet wären, aber es scheint eine sehr größere Entspannung mit dem Thema Sexualität zu geben (jedenfalls so lange es heteronormativ bleibt…), als ich es aus Deutschland kenne.

wenig Aufklärung

Hand in Hand mit der etwas freieren Möglichkeit sich sexuell auszuleben geht der Anschein einher, dass wenig sexuell aufgeklärt wird. Frühe Schwangerschaften sind nicht unüblich und manchmal habe ich den Eindruck, dass Verhütung von manchen als “unsexy” angesehen wird… Der Eindruck ist, dass vor allem Schulen dem Auftrag Aufzuklären nicht nachkommen.

Neben wenig sexueller Aufklärung, scheint es aber auch bei anderen Themen bei der Mehrheit der Gesellschaft wenig Wissen zu geben. Beispiele: Umweltschutz, Rassismus, Demokratie, psychische Probleme, …

Deutschland ist in seiner Aufklärung auf jeden Fall noch nicht perfekt, ich merke aber schon, dass bei uns Kinder eher/ verpflichtender mit solchen Themen in Kontakt kommen und wenigstens vllt. In einer Doppelstunde während der Schullaufbahn darüber geredet wird.

Machismus

Machismus ist hier weiter verbreitet… Männer spielen eher den Starken, konkurrieren und denken, sie könnten und dürften die Frau dominieren. Traditionelle Familienstrukturen sind nicht unüblich, Töchter müssen deutlich mehr mithelfen im Haushalt als Söhne und auch sexuelle Belästigung wird als normaler/ alltäglicher/ verzeihlicher(?) angesehen. Die Rollenbilder sind noch sehr stark in den meisten Köpfen drin. Wenn ich z.B. neue Wassertanks für das Pakashka Sacha bestelle, ist der Lieferer doch recht perplex wenn ich mithelfe sie hochzutragen und häufiger haben Männer das Bedürfnis mir helfen zu müssen, weil sie mir Sachen nicht selbst zutrauen. Das ist eine sehr milde Form. Aber der Machismus und letztendlich Sexismus gräbt tiefe Gräben und kann Formen annehmen, die bis hin zu sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Gewalt in der Ehe oder Femizide reichen.

Bargeldkultur

Ich glaube dazu muss ich nichts sagen… Ich renne auf jeden Fall ständig mit meinen Dollar und Cent Münzen herum.

relaxed/ im-Hier-und-Jetzt/ Spontanität/ Unzuverlässigkeit

Es ist ein bisschen ein Klischee, aber ich kann es irgendwie bestätigen: Die Mentalität hier ist so viel entspannter. Es gibt weniger strenge Vorschriften (bzw. Niemand kümmert sich um sie), weniger streng getaktete Alltäge, feste Pläne, Hektik, …

„In Ecuador ist alles möglich, aber nichts sicher“ ist ein Spruch hier oder auch „Alles kann, nichts muss in Ecuador“ und das stimmt. Viele Treffen sind super spontan, wenn gesagt wird, dass eine Feier um 19 Uhr losgeht, kann es schon mal bis 21:30 Uhr dauern bis wirklich was passiert und teilweise kann mir ein Student im Haus erzählen, er zieht nächste Woche aus, vielleicht aber auch nicht und er weiß noch nicht wo er dann leben und arbeiteten will… Auf der Straße quatschen Leute entspannt, wenn gerade Pause ist wird eben später oder morgen oder nie weitergearbeitet und das Projekt beendet und wenn du spontan was machen willst findet sich meistens jemand.

Auf der einen Seite ist dieses Lebensgefühl sehr angenehm, da man viel mehr im Zeitfluss lebt, anstatt ihn künstlich zu takten, auf der anderen Seite ist die dadurch entstehende Unzuverlässigkeit auch manchmal nervig (z.B. wenn Leute in letzter Sekunde absagen, nie was zustande kommt usw.). Insgesamt nehme ich es aber als sehr befreiend wahr, denn in Deutschland hatte ich schon teilweise das Gefühl, dass meine Termine mich erdrückten und ich immer genau ausrechnen musste, wann ich wo hin gehen musste. Außerdem spüre ich selbst durch die Distanz den Druck/ die Erwartungshaltung aus Deutschland, dass ich irgendwie mein Leben in die Hand nehmen, etwas studieren/ machen, mir Pläne/ Ziele setzen sollte… In Ecuador kenne ich persönlich kaum jemanden, der sich so krass mit der Zukunft auseinandersetzt: Es kommt doch eh immer anders als gedacht. Also kann man auch einfach im Jetzt leben…

kulturelle Vielfalt

In Ecuador existieren (je nach dem wen man fragt, ich finde immer wieder andere Zahlen) bis zu 16 anerkannte verschiedene Nationalitäten/ indigene Kulturen mit eigenen Sprachen, Traditionen und Kultur. Deshalb sehe ich auch immer wieder Regenbogenflaggen (allerdings andere, als die Pride-Flag der LGBTQIA+ Bewegung), die für kulturelle Vielfalt und den Respekt für indigene Kulturen steht. All diese verschiedene Einflüsse machen Ecuador letztendlich aus, denn es gibt nicht DIE Ecuadorianer*innen. Ich habe relativ viel mit Kichwa zu tun (wobei man da auch noch mal zwischen den Kichwa der Anden und des Regenwaldes unterscheiden muss), aber es gibt auch die Shuar, Otavalo, Chachi, Huaorani usw.

Karte, auf der man die verschiedenen Indigenen Kulturen und Nationalitäten in Ecuador sehen kann. Ich wohne in der Provinz Napo (Nr.28)…

Bildquelle: https://www.gifex.com/fullsize/2011-11-11-14895/Mapa-etnogrfico-del-Ecuador.html (letzter Abruf: 16.3.2025 22:15 Uhr)
Kosewörter und Verniedlichungen

Kosewörter und Liebesbekundungen werden dir in Ecuador i.d.R. Deutlich schneller gegeben. Selbst beim ersten Date werden Menschen z.B. schon als „mi amor“, „mi corazon“ oder „mi vida“ (meine Liebe, mein Herz, mein Leben) bezeichnet. Irgendwie passt es zu der Gastfreundschaft der Menschen und der Sprache. Auf Deutsch/ In Deutschland wirkt vieles davon total übertrieben. Das gleiche mit Verniedlichungen: Sie funktionieren im Spanischen so gut und werden echt gern benutzt. Im Deutschen sind sie kaum aussprechbar/ total lächerlich. Ein Beispiel: „Pollito con arrozito para un dollarito.” wäre in etwa “Hähnchen mit Reischen für ein Dollarchen”… Aber auch Namen werden gern verniedlicht, z.B. Danielito, Pablito, Marita usw. Am Anfang wurde ich von ein paar Studenten statt Amanda Amandita genannt… Komischerweise hat das allerdings aufgehört (vllt. Weil sie mehr Respekt vor mir bekommen haben?). Aber selbst bei Arzt wurde ich z.B. von Krankenschwestern “pobrecita” oder “corazon” genannt (du Arme in verniedlicht (du Ärmchen?) / Herz…).

Musik

Egal ob im Bus oder auf der Straße: Immer wieder läuft Musik im Hintergrund. Mit der Zeit habe ich mich echt an den Vibe gewöhnt und kann mittlerweile auch romantischen Balladen, Reggaeton oder (der für mich immer etwas gleich klingenden) Kichwa Musik etwas abgewinnen. Die Musik ist einfach Teil des Lebensgefühls hier. Falls euch interessiert, welche Lieder mir so begegnen hört doch gern mal in die Playlist herein, an der ich gerade arbeite:

“Chicos del Barrio” – eine der Bands, die auf Kichwa singt… Kleiner Eindruck in die Musik 🙂
“Vagabundo borracho y loco” als Beispiel einer romantischen Ballade hier… Message des Textes (für alle, die nicht Spanisch verstehen): Sie hat mich verlassen und mein Herz schmerzt so sehr, dass ich nicht weiter weiß, als mich zu betrinken 😅
DER Song hier… Keine Ahnung warum, aber der läuft seit ich hier bin wirklich in jedem Radio, jedem Laden, überall. (Der eigentliche Song beginnt so nach ca. 1 min im Video)
eigene Spanische Wörter/ Redewendungen

Lateinamerikanisches Spanisch unterscheidet sich generell schon noch mal vom Spanisch, das in Spanien gesprochen wird und dann hat noch jedes Land seine eigenen Dialekte, Wörter und Redewendungen… In Ecuador liebe ich ja die Anreden „veci” (Art Verniedlichung von “vecino”, Nachbar) oder “mija”, aber es gibt noch unzählige andere. Meine liebster lokaler Ausruf ist “achachay”. Das sagt man vor allem, wenn man sich nass gemacht/ voll gespritzt hat und/ oder wenn einem kalt ist.

amig@1

Jede*r hier scheint einen unfassbar großen Bekanntenkreis zu haben (egal welches Problem du hast, Menschen kennen immer einen Bekannten eines Bekannten, der dir weiterhelfen könnte. Aber auch generell wirst du super schnell „amig@“, also Freund*in genannt…

Korruption

… ist leider ein ernst zu nehmendes Problem Ecuadors und zieht sich durch alle Ebenen von Institutionen.

fiestas

In Ecuador wird sehr gern gefeiert. Falls ihr mehr über die verschiedenen Feste wissen wollt, auf denen ich schon war, lest doch meinen Artikel darüber.

bunte Ohrringe

Ich mag es, wie viele Frauen typische Ohrringe von hier tragen. Beliebt sind bunte Muster/ Tiere aus kleinen Plastikperlen (vor allem Papageien), aber auch Schmuck mit Federn, aus Gold etc etc…

Die hier habe ich mir gekauft 🙂
Minga

Mingas sind so etwas wie Arbeitseinsätze, gleichzeitig sind sie eine Arbeits- und Gemeinschaftsphilosophie. Der Ansatz ist: alle helfen mit. Wenn im Dorf jemand ein neues Haus baut, dann wird eben eine Minga gemacht und alle helfen, mit dem Wissen, dass es dem Gemeinwohl dient bzw. Man auch Hilfe bekommt, wenn man sie braucht. Im Pakashka Sacha machen wir regelmäßig Mingas, um Arbeit am Grundstück zu erledigen, aber auch in der Grundschule gibt es z.B. monatlich eine Minga, bei der alle Eltern der Schüler*innen helfen den Schulhof zu reinigen etc etc.

Fazit

Das Leben in Ecuador ist manchmal verblüffend, manchmal faszinierend und mittlerweile Alltag für mich. Andere Dinge wiederum fühlen sich für mich seit Anfang an normal an. Die Grundlage einer Gesellschaft sind wohl überall gleich… Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick geben und habe nichts vergessen. Vielleicht mache ich irgendwann mal ein Update oder einen zweiten Teil. Falls ihr Fragen zu etwas habt, schreibt mir gern in die Kommentare 🙂

Bis bald!

  1. Das „@“ am Ende eines Substantives ist eine mögliche Form der genderneutralen Sprache im Spanischen. Normalerweise Enden viele Nomen auf o (männlich) oder a (weiblich). Z.B.: amigo (Freund) und amiga (Freundin). Das @ sieht ein bisschen so aus wie ein a in einem o, deshalb wird es als „beides“ genutzt… ↩︎