Das bedeutet Ecuador für mich…

Anfang Februar hatten wir unser Zwischenseminar in einer Lodge in der Nähe von Tena. Es war total schön, die anderen Freiwilligen wiederzusehen und sich auszutauschen. Gemeinsam haben wir Themen und einen Seminarplan erarbeitet. Wie auch beim Vorbereitungsseminar wurde viel reflektiert… Unser Abschlussthema am letzten Tag war „Was bedeutet Ecuador für dich?“. Es war total spannend zu sehen, wie teilweise die gleichen, teilweise total verschiedene Assoziationen in meiner Kleingruppe auftauchten. Einen großen Unterschied merkt man auf jeden Fall je nach dem, ob die Person in der Sierra (Andenregion) oder im Oriente (Amazonasregion) lebt und arbeitet. Ich dachte, vielleicht sortiere und teile ich die Stichwörter mal, die wir so gesammelt haben… Die Wörter, die Fett markiert sind, sind die stärksten Assoziationen für mich.

Unterwegs und Alltag

Kolonialstädte

Z.B. Cuenca oder das historische Zentrum von Quito. Die Einzigen „schönen“ Städte mit hübschen alten Häusern etc.

Historisches Zentrum in Quito
heruntergekommene/ hässliche Städte

Das typische Stadtbild in Ecuador ist doch eher trist.

Wäscheleinen

Wäsche wird vor/ neben/ auf dem Haus auf gehangen und gehört zum Stadtbild. Die Sonne wird zum Trocknen ausgenutzt.

Straßenhunde

Straßenhunde findet man echt überall. Manche sind komplett ohne Besitzer*in, andere dürfen wie Katzen einfach frei herumstreichen. Manchmal muss man aufpassen, weil sie aggressiv sein können.

Motor-Kanu

Riesige Kanus die mit Motor betrieben werden sind das Fortbewegungsmittel auf Flüssen. Manche Orte erreicht man auch nur so…

Comunidades

= sehr kleine, i.d.R. Indigene Dörfer

Blechdächer

Gibt es häufiger, besonders bei Regen wird es darunter echt laut.

Abgase

freie Hühner

Vor allem in kleineren Städten/ Dörfern laufen nicht nur Hunde, sondern auch Hühner frei herum.

Hühner auf dem Schulhof in Puka Urku
ungesicherte Dachterassen

Habe ich persönlich eher weniger gesehen, soll aber in den Bergen ein Ding sein.

Klopapier mitnehmen/ nicht herunterspülen

Entweder man hat selber was dabei, oder man kann meistens bei öffentlichen Toiletten für 25 cent ein bisschen abgewickeltes Papier kaufen. Das Papier wird immer separat in den Müll getan, damit die Wasserreinigung einfacher ist oder so.

Bargeldkultur

Fast überall kommst du nur mit Bargeld weiter und Leute heben teilweise auch winzige Beträge wie 10 Dollar einzeln ab, wenn sie sie brauchen.

Jesus/ Maria/ Heiligenbilder

Statuen, Kreuzen, Bildern, Amuletten oder Bibelzitaten begegnet man überall, z.B. im Bus. Das Land ist schon recht katholisch geprägt.

verschiedenen Klimazonen

Die Küste, die Berge, der Regenwald und die Galapagos-Inseln sind die vier verschiedenen „Welten“ Ecuadors und haben schon einige Unterschiede (nicht nur klimatisch).

Plastiktüten

Jeder mini-Einkauf wird in eine oder mehrere Plastiktüten eingepackt.

Straßenverkäufer*innen in Bussen

Wenn ein Langstreckenbus hält steigen normalerweise Straßenverkäufer*innen kurz ein, gehen einmal bis nach hinten und bieten ihre Ware feil.

Moto-Taxi

Motorräder sind DAS Fortbewegungsmittel hier und ab 50 cent kann man sich mitnehmen lassen. Gut und gerne quetschen sich mal 2-4 Leute auf eine Maschiene, i.d.R. hat maximal der*die Fahrer*in einen Helm…

schreiende Verkäufer*innen

Man gewöhnt sich daran, aber überall in der Straße/ auf dem Markt/ im Bus/ … kann versucht werden, dir die eigene Ware zu verkaufen.

Wildes Bussystem

Am Anfang hat es Umgewöhnung gebraucht, denn das Bussystem ist hier zwar recht flächendeckend ausgebaut, aber sehr anders als in Deutschland. Z.B. gibt es keine Haltestellennamen, keine Fahrpläne für Stadtbusse, du kannst überall rausgeschmissen werden, bezahlst in Münzen direkt beim Einsteigen, die Busse rasen recht gerne mal und manchmal bleiben einfach die Türen beim Fahren offen.

Taxi-Fahren

Ist auch recht verbreitet und in Vergleich zu Deutschland echt mega günstig (2-3 Dollar für eine einfache Fahrt).

Cat-Calling

Leider auch recht verbreitet, auch wenn es drauf ankommt, wo man ist… 🙁 Mir zum Glück noch nicht allzu oft begegnet.

schlechte Filme in Reisebussen

Vor allem Action und Horror, das Ding ist, sie laufen (auch nachts) immer laut und es sind ja auch Kinder im Bus…

Cédula Nummer

Cédula ist der Personalausweis hier und die eigene Nummer kann jede*r auswendig und wird beim Einkaufen, Irgendwo registrieren oder Rechnung schreiben immer abgefragt.

Capybara

Manchmal kommt das Gefühl auf, Ecuador ist ein Capybara (das sind diese süßen Felltiere) Fanclub. Immer wieder begegnen einen Capybara Kuscheltiere, aber auch alle möglichen anderen Artikel (Rucksäcke, T-Shirts, …).

Haifisch-Schlappen

Badeschlappen, die aussehen wie Haifische. Keine Ahnung warum die hier so viele tragen, auf jeden Fall findet man sie auffällig häufig.

wunderschöne Natur

Die Natur, die ich bis jetzt sehen durfte, war einfach nur atemberaubend. Sowohl die Anden als auch der Regenwald ist wunderschön.

Wasserfälle

Ich habe in sechs Monaten bestimmt mehr Wasserfälle gesehen als je zuvor in meinem Leben 🙂

krasse Viecher

Insekten haben hier alle noch einmal ein Upgrade – in der Regel größer und manche können unerwartet einfach fliegen (Kakerlaken? Heuschrecken? Ameisen?). Außerdem gibt es alle möglichen Arten von Schrecken, die sich als Stöcke oder Blätter tarnen. Und dann gibt es noch die Mücken… Alles in allem habe ich mich aber recht schnell an die Tiere gewöhnt.

Die Melodie des Gas-Autos

Fast alle kochen hier mit Gasherd und es gibt so Wägen, die die Flaschen liefern. Immer wenn das Auto auf der Straße vorbei fährt spielt es die gleiche nervige Melodie ab, damit alle wissen, dass sie rauskommen und Gas kaufen können… So iconic.

niedrige Preise

Ein Mittagessen für 2,5 $, eine Busfahrt für 30 cent oder Taxi fahren für drei Dollar… Ich werde die Preise hier vermissen.

Machete

Vergesst Rasenmäher, Gartenscheren, Äxte, Küchenmesser etc. etc. Macheten sind multifunktional und werden immer eingesetzt 🙂

Ich beim Machete schleifen…

Essen und Essenskultur

Überzuckerte Säfte (jugos)

Jugos – Säfte – gibt es echt überall und immer als Getränk

mora

Mora ist eigentlich Brombeere, nur das diese hier einen leicht anderen Geschmack hat. Zur Zeit ist sie reif und man findet sie überall. Mit Gelatine zum Lutschen, als Eis, Sauce für Desserts, Saft, Marmelade, ….

frutas

Ich glaub zu frutas (Früchten) muss ich nicht viel sagen… Alle Formen und Farben vertreten.

helado con queso (Eis mit Käse)

Sehr fettig, aber eigentlich ganz lecker

viel Mayo

oft sogar selbstgemacht…

alle trinken aus den gleichen Becher

vor allem in der Schule, beim Feiern oder in der Communidad

(Trockener) Reis

Reis ist schon das Grundnahrungsmittel hier und wird auch durchaus pur mit Hähnchen, ohne Sauce gegessen…

Öl, Fett, Kohlenhydrate

Trotz der Vielfalt an Gemüse und Obst hier ist die traditionelle Küche doch eher Reis mit Frittiertem. Überall wird noch mal ordentlich Öl oder Käse dazu gegeben

Achiote

Die Pflanze wird einerseits zur Körperbemalung (oder von mir auch einfach so zum Malen) genutzt, andererseits wird ihr rötliches Öl sehr gern zum Kochen verwendet und z.B. Reis oder Saucen beigegeben

salsa de tomate (Ketschup)

Ketchup wird wie Mayo bei Straßenverkäufen fast immer dazu gegeben, hat aber leider oft einen eher chemischen Geschmack und erinnert noch weniger an Tomate als in Deutschland

ají (Chili)

Chili wird in Form von selbst gemachten (stückigen/ Salat ähnlichen) Saucen immer zum Essen dazu gestellt)

Tilapia Folterbecken

Tilapia ist ein Fisch, der hier sehr beliebt ist. In der Straße kommt man immer mal wieder an Fischereien vorbei, die Becken wirklich vollgestopft mit diesen lebenden Fischen haben. Glücklich können die da nicht sein…

Das ist tatsächlich noch einmal eine andere Fischart und das Becken ist noch verhältnismäßig leer, aber so in etwa kann man es sich vorstellen…
guaba

Guaba ist eine Frucht die wie in einer ca. 1 m langen Bohne wächst und man echt überall am Straßenrand findet. Man isst das weiße Fruchtfleisch der Bohnen und spuckt den Kern dann aus.

Parasiten und Margen-Darm

An den beiden Themen kommt man in Ecuador auf Dauer wohl nicht vorbei…

Kokossaft auf der Straße

Wird wirklich überall angeboten und ist mega lecker.

schlechtes Brot

Das Brot ist weiß, sehr luftig und in der Regel sehr sehr trocken. Manchmal hast du noch eine kleine Käsefüllung. Von der Größe ist jedes Brot eher ein Brötchen, nur dass es keine Kruste hat.

Bohnen/ Linsen

Bohnen/ Linsen in allen Möglichen Ausführungen gibt es als sogenannte manestra zum Standard Gericht (Reis/ Bohnen/ Salat/ Hähnchen) überall dazu. Stangenbohnen sind das Einzige, was mir fast nie begegnet.

Eier

Überall kann ein (Spiegel-)ei dazu serviert werden. Normalerweise kauft man Eier in großen Paletten auf die vielleicht so ca. 25 Eier passen. Am Tag 3-5 Eier zu essen passiert sehr schnell hier…

pollo (Hühnchen)

Absolutes Lieblingsessen der Meisten hier. Überall gibt es Hähnchen mit Reis und Hähnchensuppe. Der Fleischkonsum ist wirklich enorm und auch wirklich billig. Übrigens: Pollo wird nicht zu carne, also Fleisch dazu gezählt. Carne ist dann der Rest (Rind, Schwein, …).

Nestle

Beim Einkaufen kommt man um Nestle leider überhaupt nicht herum. Fast alle verarbeiteten Produkte kommen davon…

Kakao Bohnen

Das Fruchtfleisch zu lutschen ist echt lecker. Außerdem sieht man oft die Bohnen auf Landstraßen am Rand in der Sonne trocknen.

Screenshot
plátanos (Kochbananen)

Kochbananen gibt es wirklich überall. Man kann sie als Chips machen, frittieren, kochen, kochen und danach zu Krümeln zerstampfen, in Suppen tun, … Man unterscheidet zwischen verde und maduro (grün und reif). Die Grünen kann man nur gekocht essen und sind eher herzhaft (sehr lecker), die bereits Reifen sind sehr süß, karamellisieren beim Braten leicht und werden trotzdem zu herzhaften Gerichten gereicht (ich stehe nicht so drauf…). Beim Schälen muss man voll aufpassen, denn die Schale hat so einen klebrigen Saft der Braune Flecken hinterlässt und nicht abgeht.

encebollado

Eine typische Fischsuppe die sehr viele (Einheimische wie Ausländer*innen) lieben… Ich mache mir nicht so viel draus.

Suppen

Bei einem normalen Essen für 2-4 US-Dollar bekommt man in der Regel vor dem Riesen Teller Reis/ Bohnen/ Salat/ Hähnchen eine Suppe. Suppen gibt es echt überall, allerdings meistens mit Fleisch.

Guayusa

Eine Art Tee, aus dem man auch sehr gesüßten Eistee machen kann. Die Pflanze ist sehr lokal, enthält viel Koffein und soll sehr gesund sein. Er wurde von Indigenen schon lange als alltägliches Getränk, in Zeremonien oder vor der Jagd getrunken und hält einen angeblich jung. Im Amazonasgebiet gibt es den (Eis-)tee überall, in den Bergen kennen sogar viele das Getränk nicht einmal…

Die getrockneten Blätter
Guayusa Tee
ungewürztes Popcorn

Popcorn (ohne Salz/ Zucker) wird wie Crotons in Suppen getan.

Yuka und Chicha

Yuka ist eine Wurzel, die man z.B. kochen oder frittieren kann und dann vom Geschmack her ein bisschen an Kartoffel erinnert. Wird überall dazu gereicht und wächst auch an Straßenrändern. Chicha ist ein indigenes Getränk, das aus fermentierter Yuka besteht und für mich ein bisschen den Geschmack von Ziegenmilch hat. Das Getränk sättigt sehr und wird z.B. während der Arbeit getrunken. Nach ein paar Tagen enthält es ordentlich Alkohol.

Löffel

Nicht immer, aber ab und zu gibt es beim Essen nur einen Löffel. Mit der Zeit lernt man alles Mögliche damit zu essen (auch Spiegelei).

Lebensmittel-Ampel

Auf jedem verarbeitetem Produkt steht hinten drauf, ob es jeweils wenig (grün), mittel (gelb) oder viel (rot) Fett, Salz und Zucker enthält.

Kultur

Familie

Familie hat in Ecuador durchschnittlich einen viel höheren Stellenwert als in Deutschland. Auch junge erwachsene Menschen sind noch jahrelang/ jahrzehntelang von ihren Eltern beeinflusst (abhängig?) und leben auch länger noch zuhause.

Ecuabet

Wetten um Geld (z.B. bei Fußballspielen) ist sehr verbreitet…

US-Fan

Vor allem in den Städten merkt man überall den Einfluss der US-Amerikanisierung. Vieles wird relativ unreflektiert übernommen/ nachgeeifert. Dazu gehört nicht nur der US-Dollar als Nationalwährung, auch der Bau von Malls, sich Coca Cola leisten können, Konsum, amerikanische Filme, …

Nationalstolz

Für mich als Deutsche ist es teilweise befremdlich, den starken Nationalstolz anderer mitzubekommen. Das soll allerdings generell ein Ding in Amerika sein. In Ecuador ist es in Highschools z.B. üblich die Flagge zu hissen und die Nationalhymne in Reih und Glied zu singen. Überall begegnet man Ecuador-Flaggen und die meisten Menschen sind stolz auf ihr Land.

traditionelle Kleidung

Während traditionelle Kleidung der Amazonasregion i.d.R. Nur bei Tanzaufführungen auf Festen getragen wird, begegnet man in den Anden immer wieder Indigenen mit ihren Hüten, langen Röcken, Goldschmuck etc. etc.

traditionelle Blusen auf Indigenen Markt in Otavalo
Tanzauftritt zur Feier in Puka Urku in traditioneller Kleidung
Katholische Kirche

Der Großteil der Bevölkerung Ecuadors ist katholisch und man bemerkt diesen Einfluss überall. Neben vielen Kirchen stolpert man immer wieder über Abbildungen von Jesus/ Maria/ Heiligen im Bus, auf der Straße etc. Mein Umfeld im Freiwilligendienst ist nicht so stark religiös geprägt, aber andere Freiwillige sind z.B. in religiösen Kindereinrichtungen oder leben bei einer katholischen Gastfamilie. In der Grundschule, in der ich arbeite, wird mit den Kindern gebetet/ Kirchenlieder gesungen.

Sexualität offener/ sichtbarer?

Für mich als Außenstehende wirkt die Ecuadorianische Kultur sehr ambivalent. Auf der einen Seite steht die starke Religiosität, auf der anderen sexuelles Ausleben. Hier wird es häufiger nicht als Widerspruch angesehen z.B. gläubig zu sein, aber in sehr enger Kleidung in Discos getanzten Sex zu haben. In Bussen begegnen mir Bibelzitate und Jesusbilder, aber auch Sprüche wie z.B. (übersetzt) “Wenn der Knopf nicht funktioniert, dann schreie wie letzte Nacht”, “Wenn das Kind vom Fahrer ist, ist die Fahrt kostenlos.” oder “Ich bin wie der Honig der Biene, an mir bleiben Frauen kleben.”… Direkt daneben “Gott beschütze mich auf meinem Weg”…

Ich würde nicht sagen, dass alle hier total sex-geil oder aufreizend gekleidet wären, aber es scheint eine sehr größere Entspannung mit dem Thema Sexualität zu geben (jedenfalls so lange es heteronormativ bleibt…), als ich es aus Deutschland kenne.

wenig Aufklärung

Hand in Hand mit der etwas freieren Möglichkeit sich sexuell auszuleben geht der Anschein einher, dass wenig sexuell aufgeklärt wird. Frühe Schwangerschaften sind nicht unüblich und manchmal habe ich den Eindruck, dass Verhütung von manchen als “unsexy” angesehen wird… Der Eindruck ist, dass vor allem Schulen dem Auftrag Aufzuklären nicht nachkommen.

Neben wenig sexueller Aufklärung, scheint es aber auch bei anderen Themen bei der Mehrheit der Gesellschaft wenig Wissen zu geben. Beispiele: Umweltschutz, Rassismus, Demokratie, psychische Probleme, …

Deutschland ist in seiner Aufklärung auf jeden Fall noch nicht perfekt, ich merke aber schon, dass bei uns Kinder eher/ verpflichtender mit solchen Themen in Kontakt kommen und wenigstens vllt. In einer Doppelstunde während der Schullaufbahn darüber geredet wird.

Machismus

Machismus ist hier weiter verbreitet… Männer spielen eher den Starken, konkurrieren und denken, sie könnten und dürften die Frau dominieren. Traditionelle Familienstrukturen sind nicht unüblich, Töchter müssen deutlich mehr mithelfen im Haushalt als Söhne und auch sexuelle Belästigung wird als normaler/ alltäglicher/ verzeihlicher(?) angesehen. Die Rollenbilder sind noch sehr stark in den meisten Köpfen drin. Wenn ich z.B. neue Wassertanks für das Pakashka Sacha bestelle, ist der Lieferer doch recht perplex wenn ich mithelfe sie hochzutragen und häufiger haben Männer das Bedürfnis mir helfen zu müssen, weil sie mir Sachen nicht selbst zutrauen. Das ist eine sehr milde Form. Aber der Machismus und letztendlich Sexismus gräbt tiefe Gräben und kann Formen annehmen, die bis hin zu sexuelle Belästigung, Vergewaltigung, Gewalt in der Ehe oder Femizide reichen.

Bargeldkultur

Ich glaube dazu muss ich nichts sagen… Ich renne auf jeden Fall ständig mit meinen Dollar und Cent Münzen herum.

relaxed/ im-Hier-und-Jetzt/ Spontanität/ Unzuverlässigkeit

Es ist ein bisschen ein Klischee, aber ich kann es irgendwie bestätigen: Die Mentalität hier ist so viel entspannter. Es gibt weniger strenge Vorschriften (bzw. Niemand kümmert sich um sie), weniger streng getaktete Alltäge, feste Pläne, Hektik, …

„In Ecuador ist alles möglich, aber nichts sicher“ ist ein Spruch hier oder auch „Alles kann, nichts muss in Ecuador“ und das stimmt. Viele Treffen sind super spontan, wenn gesagt wird, dass eine Feier um 19 Uhr losgeht, kann es schon mal bis 21:30 Uhr dauern bis wirklich was passiert und teilweise kann mir ein Student im Haus erzählen, er zieht nächste Woche aus, vielleicht aber auch nicht und er weiß noch nicht wo er dann leben und arbeiteten will… Auf der Straße quatschen Leute entspannt, wenn gerade Pause ist wird eben später oder morgen oder nie weitergearbeitet und das Projekt beendet und wenn du spontan was machen willst findet sich meistens jemand.

Auf der einen Seite ist dieses Lebensgefühl sehr angenehm, da man viel mehr im Zeitfluss lebt, anstatt ihn künstlich zu takten, auf der anderen Seite ist die dadurch entstehende Unzuverlässigkeit auch manchmal nervig (z.B. wenn Leute in letzter Sekunde absagen, nie was zustande kommt usw.). Insgesamt nehme ich es aber als sehr befreiend wahr, denn in Deutschland hatte ich schon teilweise das Gefühl, dass meine Termine mich erdrückten und ich immer genau ausrechnen musste, wann ich wo hin gehen musste. Außerdem spüre ich selbst durch die Distanz den Druck/ die Erwartungshaltung aus Deutschland, dass ich irgendwie mein Leben in die Hand nehmen, etwas studieren/ machen, mir Pläne/ Ziele setzen sollte… In Ecuador kenne ich persönlich kaum jemanden, der sich so krass mit der Zukunft auseinandersetzt: Es kommt doch eh immer anders als gedacht. Also kann man auch einfach im Jetzt leben…

kulturelle Vielfalt

In Ecuador existieren (je nach dem wen man fragt, ich finde immer wieder andere Zahlen) bis zu 16 anerkannte verschiedene Nationalitäten/ indigene Kulturen mit eigenen Sprachen, Traditionen und Kultur. Deshalb sehe ich auch immer wieder Regenbogenflaggen (allerdings andere, als die Pride-Flag der LGBTQIA+ Bewegung), die für kulturelle Vielfalt und den Respekt für indigene Kulturen steht. All diese verschiedene Einflüsse machen Ecuador letztendlich aus, denn es gibt nicht DIE Ecuadorianer*innen. Ich habe relativ viel mit Kichwa zu tun (wobei man da auch noch mal zwischen den Kichwa der Anden und des Regenwaldes unterscheiden muss), aber es gibt auch die Shuar, Otavalo, Chachi, Huaorani usw.

Karte, auf der man die verschiedenen Indigenen Kulturen und Nationalitäten in Ecuador sehen kann. Ich wohne in der Provinz Napo (Nr.28)…

Bildquelle: https://www.gifex.com/fullsize/2011-11-11-14895/Mapa-etnogrfico-del-Ecuador.html (letzter Abruf: 16.3.2025 22:15 Uhr)
Kosewörter und Verniedlichungen

Kosewörter und Liebesbekundungen werden dir in Ecuador i.d.R. Deutlich schneller gegeben. Selbst beim ersten Date werden Menschen z.B. schon als „mi amor“, „mi corazon“ oder „mi vida“ (meine Liebe, mein Herz, mein Leben) bezeichnet. Irgendwie passt es zu der Gastfreundschaft der Menschen und der Sprache. Auf Deutsch/ In Deutschland wirkt vieles davon total übertrieben. Das gleiche mit Verniedlichungen: Sie funktionieren im Spanischen so gut und werden echt gern benutzt. Im Deutschen sind sie kaum aussprechbar/ total lächerlich. Ein Beispiel: „Pollito con arrozito para un dollarito.” wäre in etwa “Hähnchen mit Reischen für ein Dollarchen”… Aber auch Namen werden gern verniedlicht, z.B. Danielito, Pablito, Marita usw. Am Anfang wurde ich von ein paar Studenten statt Amanda Amandita genannt… Komischerweise hat das allerdings aufgehört (vllt. Weil sie mehr Respekt vor mir bekommen haben?). Aber selbst bei Arzt wurde ich z.B. von Krankenschwestern “pobrecita” oder “corazon” genannt (du Arme in verniedlicht (du Ärmchen?) / Herz…).

Musik

Egal ob im Bus oder auf der Straße: Immer wieder läuft Musik im Hintergrund. Mit der Zeit habe ich mich echt an den Vibe gewöhnt und kann mittlerweile auch romantischen Balladen, Reggaeton oder (der für mich immer etwas gleich klingenden) Kichwa Musik etwas abgewinnen. Die Musik ist einfach Teil des Lebensgefühls hier. Falls euch interessiert, welche Lieder mir so begegnen hört doch gern mal in die Playlist herein, an der ich gerade arbeite:

“Chicos del Barrio” – eine der Bands, die auf Kichwa singt… Kleiner Eindruck in die Musik 🙂
“Vagabundo borracho y loco” als Beispiel einer romantischen Ballade hier… Message des Textes (für alle, die nicht Spanisch verstehen): Sie hat mich verlassen und mein Herz schmerzt so sehr, dass ich nicht weiter weiß, als mich zu betrinken 😅
DER Song hier… Keine Ahnung warum, aber der läuft seit ich hier bin wirklich in jedem Radio, jedem Laden, überall. (Der eigentliche Song beginnt so nach ca. 1 min im Video)
eigene Spanische Wörter/ Redewendungen

Lateinamerikanisches Spanisch unterscheidet sich generell schon noch mal vom Spanisch, das in Spanien gesprochen wird und dann hat noch jedes Land seine eigenen Dialekte, Wörter und Redewendungen… In Ecuador liebe ich ja die Anreden „veci” (Art Verniedlichung von “vecino”, Nachbar) oder “mija”, aber es gibt noch unzählige andere. Meine liebster lokaler Ausruf ist “achachay”. Das sagt man vor allem, wenn man sich nass gemacht/ voll gespritzt hat und/ oder wenn einem kalt ist.

amig@1

Jede*r hier scheint einen unfassbar großen Bekanntenkreis zu haben (egal welches Problem du hast, Menschen kennen immer einen Bekannten eines Bekannten, der dir weiterhelfen könnte. Aber auch generell wirst du super schnell „amig@“, also Freund*in genannt…

Korruption

… ist leider ein ernst zu nehmendes Problem Ecuadors und zieht sich durch alle Ebenen von Institutionen.

fiestas

In Ecuador wird sehr gern gefeiert. Falls ihr mehr über die verschiedenen Feste wissen wollt, auf denen ich schon war, lest doch meinen Artikel darüber.

bunte Ohrringe

Ich mag es, wie viele Frauen typische Ohrringe von hier tragen. Beliebt sind bunte Muster/ Tiere aus kleinen Plastikperlen (vor allem Papageien), aber auch Schmuck mit Federn, aus Gold etc etc…

Die hier habe ich mir gekauft 🙂
Minga

Mingas sind so etwas wie Arbeitseinsätze, gleichzeitig sind sie eine Arbeits- und Gemeinschaftsphilosophie. Der Ansatz ist: alle helfen mit. Wenn im Dorf jemand ein neues Haus baut, dann wird eben eine Minga gemacht und alle helfen, mit dem Wissen, dass es dem Gemeinwohl dient bzw. Man auch Hilfe bekommt, wenn man sie braucht. Im Pakashka Sacha machen wir regelmäßig Mingas, um Arbeit am Grundstück zu erledigen, aber auch in der Grundschule gibt es z.B. monatlich eine Minga, bei der alle Eltern der Schüler*innen helfen den Schulhof zu reinigen etc etc.

Fazit

Das Leben in Ecuador ist manchmal verblüffend, manchmal faszinierend und mittlerweile Alltag für mich. Andere Dinge wiederum fühlen sich für mich seit Anfang an normal an. Die Grundlage einer Gesellschaft sind wohl überall gleich… Ich hoffe, ich konnte einen kleinen Einblick geben und habe nichts vergessen. Vielleicht mache ich irgendwann mal ein Update oder einen zweiten Teil. Falls ihr Fragen zu etwas habt, schreibt mir gern in die Kommentare 🙂

Bis bald!

  1. Das „@“ am Ende eines Substantives ist eine mögliche Form der genderneutralen Sprache im Spanischen. Normalerweise Enden viele Nomen auf o (männlich) oder a (weiblich). Z.B.: amigo (Freund) und amiga (Freundin). Das @ sieht ein bisschen so aus wie ein a in einem o, deshalb wird es als „beides“ genutzt… ↩︎

Eindrücke aus meinem Leben (Okt.-Nov.)

Es schockt mich selbst ein bisschen, wie schnell die Zeit verflogen ist. Da es unmöglich ist, wirklich alles wiederzugeben, was in den letzten beiden Monaten passiert ist, versuche ich es gar nicht erst. Aber ich gebe gern ein paar Einblicke und picke die ein oder andere Sache heraus 🙂

Highlights der letzten Wochen

  • Mein Geburtstag:

Wie zu erwarten war mein Geburtstag dieses Jahr anders als sonst. Tatsächlich ist unter den Studierenden hier Geburtstag gar kein so großes Ding, weshalb wir Freiwilligen uns ein bisschen selber organisieren. Schon am Tag davor habe ich den traditionellen Geburtstagskuchen meiner Familie gebacken, den Hübschen Bunten, (Dank geht raus an Mattis, der mir Rote-Grütze-Pulver und Vanillepuddingpulver mitgebracht hat!). Der Tag selber war dann relativ entspannt. Tatsächlich war sogar am 11.10. ein Feiertag, was uns leider trotzdem nicht vom Putzen befreit hat. Morgens habe ich erst einmal lecker mit Mara und Mattis gefrühstückt und dann meine Aufgaben erledigt. Mittags habe ich mit Mattis gekocht und entspannt gequatscht. Der Nachmittag war echt schön, wir sind zum Fluss gegangen und waren baden (und wer wollte hat Fußball gespielt). Mein Geschenk an mich selbst war eine riesige Avocado, aus der ich Guacamole gemacht und die ich komplett allein weg gesnackt habe 🙂 Abends sind wir dann noch gemeinsam feiern gegangen, was auch echt lustig war (und ich kann Bachata immer noch nicht…). Insgesamt war es einfach ein schöner entspannter Tag und ich habe es echt genossen.

Geschenke aus der Heimat…
Geburtstagskuchen 🙂
Am Fluss

  • Ausflüge und meine erste Reise (Laguna Yani/ Gran Canyon/ Latacunga – Laguna Quilotoa – Baños):

Nach und nach entdecke ich auch andere Ecken Ecuadors als Tena. Darüber habe ich auch schon diesen Beitrag mit Video erstellt.

  • Erstes inoffizielles Zwischenseminar:

Anfang November haben wir uns mit unserer Mentorin und den Freiwilligen der Region für ein Wochenende in einer wunderschönen Lodge am Fluss getroffen und ein bisschen über unseren bisherigen Aufenthalt in Ecuador reflektiert. Es war echt schön, die anderen wiederzusehen, sich auszutauschen und gemeinsam Spaß zu haben. Ein Learning, was wir glaube ich alle hatten, war, dass jede*r hier schon Schwierigkeiten, Probleme oder schlechte Tage hatte, auch wenn auf Instagram alle immer so glücklich mit ihrem Einsatz wirken.

  • La Isla:

Ich war das erste mal auf der Isla in Tena, die zwischen den Flüssen liegt. Ich wusste gar nicht, dass man mitten in der Stadt so im Regenwald sein kann. Unter anderem habe ich eine mini-Bibliothek gefunden, wo ich mir auch ein Buch ausgeliehen habe (mal schauen, ob ich das auf Spanisch verstehe), das Tapir gesehen, was mir auch gefolgt ist und wunderschöne Ruinen entdeckt. Ach ja, und Affen waren auch da… Davor habe ich mir mal wieder mein Lieblings Frozen Joghurt gegönnt 🙂

Mingas/ Arbeit:

Neu gelernte Wörter (nur ein paar Beispiele):

suave - weich
tenedor - Gabel
rastrillo - Harke
mija - lokales Wort für “Kumpel”
zapatilla - Latsche/ Flipflop
achachay - lokaler Ausruf, wenn man z.B. friert (¡Achachay, qué frío!) oder sich aus Versehen nass gespritzt hat
chupete - Lolli
ají - Chili

Tiere und Pflanzen, die mir begegnet sind:

Zuhause

Habe eine Heimat gefunden
In Menschen
Weit weg von zuhause
Und ich weiß nicht mehr
Wie es ohne euch ging
Mein Herz ist gespalten
-zwei Länder
-zwei Kulturen
-verschiedenste Menschen
Und beides fühlt sich vertraut und doch entfremdet an

Werde hier nie ganz zugehören
Immer das Fremde an mir tragen
Und doch werde ich zurückkommen und wissen:
Das Deutschland, wie ich es vorher kannte,
Das existiert nicht mehr
(Existierte nie)

Mein Blick weitet sich
Und ich fange an Auszumisten,
Rein zu zoomen,
Raus zu picken;
Suche mir aus,
Was mir gefällt
(Avocados, Weihnachtsmärkte, Wasserfälle, Altstädte, Zuverlässigkeit, Spontanität, Kochbananen, Regenwald, Buchläden, Poetry Slams, freie Unis, Straßenbahn, Moto-Taxis, niedrige Preise, Freundlichkeit)

Werde mich nie entschieden
Und immer vermissen,
was jeweils fehlt.

Werde mich nie entscheiden
Und immer genießen,
Was ich gerade hab.

Werde mich nie entschieden,
Denn in der Ferne lerne ich Erkennen,
Was deutsch-sein bedeutet
Und lege gleichzeitig
Stückchenweise mein deutsch-sein ab.

Zuhause
Ist kein Ort mehr,
War es vielleicht nie.
Zuhause ist ein Mosaik,
Ein Bild aus Splittern,
Orte, Momente, Erinnerungen
Menschen, die in meinem Herzen wohnen
Traditionen, Routinen, offene Arme…

Zuhause ist wissen
Ich bleib immer ich
Und das ist genug

Alltag in Puka Urku:

Ausblick

Insgesamt ist die letzten Monate viel passiert und einiges davon habe ich noch nicht erzählt. Z.B. wollte ich eigentlich zum weltwärts-Tag nach Quito, was allerdings wegen Straßenblockaden nicht ging. Außerdem wird langsam Weihnachten, was sich in der Kombination mit Hitze und Regenwald für mich komisch anfühlt. Über all das berichte ich hoffentlich bald. Bis dahin!

Hannah/ Amanda

Reflexion (schon ein Monat hier…)

Seit einem reichlichem Monat lebe ich jetzt schon in Ecuador und ich kann mir meinen Alltag in Deutschland bereits gar nicht mehr vorstellen. Die letzten Wochen sind unglaublich schnell verflogen und doch fühlen sie sich an wie eine Ewigkeit. Ich habe mich an so vieles hier gewöhnt und trotzdem probiere ich immer wieder neue Sachen aus, lerne dazu und wachse über mich hinaus. Diese Woche kommt dann auch endlich der dritte Freiwillige nach und wir werden immer zwei Leute im Pakashka Sacha auf einmal sein, während der*die Dritte nach Puca Urku geht. Darauf freue ich mich schon, ich hoffe, das wird cool. Mara und ich sind im letzten Monat echt eng geworden, was ich so schnell und so extrem nicht erwartet hatte, mich aber sehr freut. Wir teilen basically alles: Gedanken, Klamotten, Schmuck, unsere Gefühle, Crushs, Geld, Chips, Rucksäcke und manchmal sogar mein riesiges Bett, wenn bei Mara wieder ein riesiges Insekt im Zimmer ist und sie sich nicht traut, es zu betreten…

Mittlerweile ist mein Spanisch auch schon besser geworden, ich kann mich verständigen und mehr oder weniger tiefe Gespräche führen. Langsam baue ich Beziehungen zu den Menschen hier auf, freunde mich mit den Studierenden an und habe die Namen der meisten Kinder der Schule im Kopf (außer Jaison, Jaiden und Jaidan, die kann kein Mensch auseinanderhalten). Das Leben hier ist zu einer neuen Routine geworden und ich genieße diesen Alltag sehr. Während ich letzten Monat mein Hobby Lesen echt schleifen lassen habe (Mangel an Büchern und so viele andere Eindrücke), bin ich dafür wieder öfter zum Schreiben gekommen. Falls es euch interessiert, findet ihr im Folgenden noch ein paar random Eindrücke der letzten Wochen…

fremd 

Jeden Tag
Ein neues Fettnäpfchen
Lotse die Grenzen aus
Manchmal zu viel
Manchmal zu wenig
Das Bauchgefühl,
Das kommt noch

Drehe mich in Kreisen
„Yo soy Amanda. Soy de Alemania.”
Essen, schlafen, arbeiten
Zum zehnten Mal vergessen,
Was „riechen“ auf Spanisch heißt
Gesprächsbrocken sickern in mein Gehirn
Ich nicke einfach und lächle
Warum das witzig war,
Verstehe ich später
(Manchmal)

Super easy going
War noch nie so extrovertiert
Hab keine Wahl,
Muss halt irgendwie
Die selbstgebauten Mauern einreißen
Und fragen, fragen, fragen
Scham kann ich mir nicht leisten
Noch bin ich lost
Noch bin ich fremd
Und weiß nicht wie die Dinge laufen
Noch…

Alltag

Mein Alltag ist sehr davon bestimmt, ob ich gerade in Puka Urku bin und in der Grundschule helfe (mehr dazu im Artikel über meine ersten Wochen dort) oder im Pakashka Sacha lebe, viel putze, koche, Arbeiten am Haus mache, Zeit mit den Studierenden verbringe, einkaufen gehen kann, Englisch Einzelunterricht gebe, die Hunde füttere und einmal die Woche in der Englischschule in Tena den Unterricht begleite und mit den Schüler*innen ein bisschen auf Englisch quatsche.

Alltag im Pakashka Sacha:

Im Markt einkaufen…

Alltag in Puka Urku:

sin ti

Alles anders
Und doch irgendwie gleich
Essen, schlafen, atmen
Die Tage verrinnen
Und ich vermisse Käsebrot
Vermisse Straßenbahnen
Vermisse dich

Zwischen uns
Nur ein Ozean -
Nur ein Jahr -
Nur ein Anruf -
Zwischen uns
So viel Luft

Am anderen Ende der Welt
Ein leises Atmen
Bist du das?
Hörst du mich?
Die Leitung stockt
Lass sie niemals -
Lass sie nie abreißen

Wie geht es dir?
Ich starre auf das Handy
Und versuche deine verpixelten Gesichtszüge zu lesen
Eine Woche kein Update
Lebst du noch?
Nicht existieren,
Ich meine leben,
So richtig leben…

Fremde Wörter
Verlassen meinen Mund
Vermische die Sprachen
Zu einer neuen
Zu meiner eigenen
Versteht ihr mich?
(Sprachbarriere)

Überwinde Mauern
Und schaffte neue Grenzen
In Gedanken immer an deiner Seite
Deine Stimme in meinem Kopf
-Hörst du mich auch?
Deine Stimme in meinem Kopf…
Das ist alles, was ich brauch

Highlights

Während der letzten Wochen gab es so viele Highlights, dass es mir schwer fällt, alle zusammenzukriegen. Immer wieder schön war es baden zu gehen – egal ob im Fluss bei Puca Urka, in Pano oder an anderen Badestellen. Einmal war ich mit einem der Studenten bei einem echt schönen Wasserfall schwimmen, dass war schon magisch. Generell bleibt die Natur einfach ein Highlight für mich. Jeden Tag wache ich im Regenwald auf und kann es selber kaum glauben. Es ist unfassbar schön hier und ich genieße es, morgens den Nebel über den Bäumen zu beobachten und abends zu den Geräuschen des Waldes einzuschlafen.

Baden 🙂
Durch den Bambuswald
Ganz normale Landschaft beim Bus fahren 🙂
Einfach jeden Tag im Dschungel aufwachen und einschlafen…

So langsam komme ich an den Punkt, an dem sich erste Routinen eingeschliffen haben und ich nicht mehr komplett lost bin. Die Momente, wenn ich z.B. mit dem Bus nach Tena fahre und weiß wo ich bin sind echt schön. Es ein gutes Gefühl, Orte wieder zu erkennen und sich langsam auch in der Stadt heimischer zu fühlen. Ich erkenne Graffitis, Läden, Restaurants und den einen lustigen Mülleimer, der wie eine Ente aussieht, wieder und weiß, wo ich was bekomme, es gutes Eis mit Käse gibt und welche Marktfrau immer ein paar Früchte zum Einkauf dazu schenkt (und das süßeste Lächeln überhaupt hat)…

in Tena unterwegs…

In den letzten Wochen hatte ich zudem ein unglaublich positives Körpergefühl. Im Regenwald mit nur den paar Sachen, die ich aus Deutschland mitgenommen habe, gibt es bei mir im Moment sowieso keine krassen Outfits, aber das ist okay so. Die meisten Menschen laufen hier eher entspannt rum. Es tut unglaublich gut, dass ich ausnahmsweise mal nicht immer die Kleinste von allen, sondern totaler Durchschnitt von der Größe bin. Täglich begegnen mir sogar Leute, die noch kleiner sind. Und auch vom Gewicht fühle ich mich hier sehr viel normaler – mein Eindruck bisher ist, dass Kurven hier eher als attraktiv gelten als super dünn zu sein. Auf den Straßen sehe ich viele Menschen, die irgendwie in der Mitte sind – weder extrem schlank, noch extrem dick. Und das tut gut, den ich finde, so sollte es sein. Warum ist in Deutschland der Druck auf junge Frauen so allgegenwärtig, in ein bestimmtes Schönheitsideal hineinzupassen?

Ein weiteres Highlight ist die Zeit, die ich hier mit anderen Menschen verbringe. Abends machen wir im Pakashka Sacha manchmal Lagerfeuer oder spielen Spiele. Auch wenn ich immer noch mehr tiefe Gespräche führen könnte, haben sich dennoch einige schöne ergeben, die mir viel Spaß gemacht haben. Manchen Studierenden bringe ich zudem ein bisschen Deutsch bei, was echt lustig ist (Ich wusste nicht, dass „achtzehn“ und „schwarz“ so schwer auszusprechen ist…). An einem Abend sind wir zu dritt tanzen gegangen, was echt cool war, auch wenn ich Salsa, Bachata und die anderen Tänze hier noch nicht ganz verstehe… Mit Mara verbringe ich auch viel Zeit, wir reden über alles und tauschen uns aus. Letzte Woche habe ich sie zum Tattoo Stechen begleitet und ihre Hand gehalten. Ich genieße es sehr, jemanden zu haben, die in der gleichen Situation steckt, auch ein riesiges Chaos im Leben hat und mit der ich diese Erfahrungen hier teilen und gemeinsam erleben kann.

In Puka Urku bin ich immer wieder beeindruckt von der Gastfreundschaft der Menschen. Alle sind super lieb und jedes Mal schenkt mir die Familie des Chefs irgendetwas – Kochbananen, Papayas oder andere Früchte. Auch die Kinder sind super süß und anhänglich, sie reißen sich darum, meine Hand halten zu können und haben mir Blumen gepflückt. Es macht mich total dankbar, wie hilfsbereit die Leute sind und wie sie mir immer wieder beistehen. Vorgestern habe ich aus Versehen ein halbes Großfamilientreffen ausgelöst, weil ich Hilfe brauchte beim Gas Anschließen, es Probleme gab und die ganze Familie versucht hat mir zu helfen. Aber auch generell habe ich das Gefühl, dass die Menschen in Ecuador im Schnitt freundlicher sind. Überall auf der Straße grüßen sich Leute, wenn du in einen Laden gehst und die das, was du suchst, nicht haben, empfehlen sie „die Konkurrenz“ weiter und wenn du nach deinem Bus rennen musst, kannst du sicher sein, dass er anhalten und auf dich warten wird.

Ein weiteres Highlight ist der Tee, der aus der lokalen Guayusa Pflanze gewonnen wird und aufgrund verschiedenster Inhaltsstoffe trotz hohem Koffeingehalt sehr gesund ist. Guayusa schmeckt ein bisschen wie Schwarztee oder Mate, ist jedoch nicht bitter und mit Zucker echt lecker. Von der Indigenen Bevölkerung wird und wurde der Tee für alle möglichen Rituale genutzt und z.B. vor der Jagd getrunken, weil die Pflanze wach und konzentriert macht. Im Pakashka Sacha ist der Tee beliebt, um sich beim (späten) Lernen besser konzentrieren oder die ganze Nacht durchfeiern zu können…

Guayusa 🙂
Bin jetzt auch in die Produktion eingestiegen 😉 Trockne einige Guayusa Blätter in Puca Urku

Ein weiterer Aspekt meines Lebens hier, den ich einfach nur liebe, ist die Musik. Noch nie in meinem Leben habe ich so viel (verschiedene) Musik gehört. Egal ob jemand in der Küche Salsa anmacht, alte ecuadorianische Balladen, Spanischer Rap, Pop, Indie, meine und Maras deutsche Musik, die auch wieder alle Stimmungen und Genre umfasst, englische Lieder usw…. Mein ganzer Alltag ist von Klängen auf verschiedensten Sprachen erfüllt und ich entdecke viele neue Lieder. Was ich total genieße, ist, dass ich wirklich allen möglichen Deutsch-Rap beim Putzen laufen lassen kann, den ich will – und niemand kann sich beschweren, dass die Texte zu politisch, queerfeministisch etc. sind, da sowieso niemand versteht, worüber gesungen wird. Es tut mir total gut, neben Spanischer vor allem Deutsche Musik zu hören – Spanisch ist jeden Tag in meinen Ohren, da ist es angenehm, auch mal wieder was so richtig zu verstehen zu können. Ich entdecke jedoch auch spanische Musik und lokale Künstler*innen für mich.

ein entspannterer Song von einer ecuadorianischen Gruppe, den wir oft hören
ein älterer spanischer gesellschaftskritischer Rocksong, den ich irgendwie sehr mag… hat mir einer der Studenten empfohlen, was besonders ist, da die Mehrheit der Leute, denen ich bis jetzt begegnet bin, sehr wenig politisches Interesse gezeigt hat
deutsches Lied, dass ich für mich entdeckt habe

Last, but not least, ist auch das Essen immer wieder ein Highlight. Ich vermisse ein paar Sachen aus Deutschland (Brot, passierte Tomaten, guten Käse und alle möglichen Milchprodukte (saure Sahne, Quark, …)), aber insgesamt ist das Essen hier echt lecker. Meine neuen Lieblingssnacks sind Chips aus Kochbananen und geröstete Erdnüsse. Die Chips habe ich auch schon ein paar mal selber gemacht 🙂

Mangos waren bis jetzt enttäuschend (irgendwie habe ich immer nur überreife abbekommen), aber ansonsten ist das Obst hier echt gut. Ich liebe die immer perfekt reife Ananas, die vielen Maracujas und vor allem das Fruchtfleisch der Kakaopflanze. Ein paar mal habe ich mir schon eine ganze Avocado nur für mich gegönnt und Guacamole pur gelöffelt… Aber auch die Studierenden können zum Großteil echt gut kochen und ich freue mich immer wieder wenn die Essensglocke läutet 😉

Wie geröstete Mandeln, nur mit Erdnüssen
Kochbananenchips

(Realitätscheck, Sprung ins warme Wasser, …)

Die Veränderung kam
So abrupt
Dass ich sie kaum merkte

Von heute auf morgen
Neuer Alltag
Neue Sprache
Neuer Name
Neue Persönlichkeit
-und doch fühlt sich alles normal an

Mein altes Ich erkennt mich nicht mehr
Aber ich fühle mich authentischer als je zuvor

Einmal das Leben wechseln,
Der Sprung ins kalte Wasser
Um zu merken, dass es angenehm warm ist
(Fast tropisch)

All die Bibliotheken in meinem Kopf
Auf einmal nutzlos
Fange bei den Basics an:
Machete schleifen
Huhn ausnehmen
Zitronengras pflücken und Tee draus machen
Bussystem verstehen
Smalltalk führen
(Simply living)

Du kannst nicht overthinken,
Wenn du die andere Person eh nicht checken wirst
Du kannst nicht zu schüchtern sein,
Weil wenn du nicht fragst, bekommst du nie, was du brauchst
Du kannst nicht peinlich berührt sein,
Denn bei der Anzahl der Fettnäpfchen, in die du trittst, verlierst du den Überblick
Du könntest dich zurückziehen,
Aber dann wärst du allein
So richtig
Allein

Habe vergessen,
Wie man integriert
Zwölf Jahre Schule zerbröckeln zu Staub
All meine Pläne und Listen verpuffen
Lebe nur von Tag zu Tag,
Woche für Woche
frei -
Und doch gebunden
Neuer Alltag, neue Regeln
Routinen schleifen sich ein
Und langsam realisiere ich:
Es gibt auch ein Morgen
Das ist kein Traum
Der bald verfliegt
Das hier ist echt
Und diese fremde Person,
Die ich hier bin,
Das bin ich

Challenges

Eine große, aber bestandene Challenge war vor ca. 2 Wochen. Samstags bin ich so gegen 7:30 Uhr mit der Nachricht meiner Mentorin aufgewacht, dass eine Freiwillige aus einem andern Projekt, die gerade in Tena Urlaub macht, heute Morgen mit Übelkeit und Kreislaufproblemen aufgestanden ist und niemand gerade in der Stadt ist, der ihr helfen kann. Deshalb war die Frage an mich, ob ich sie vom Hostel abhole und zum Arzt begleite… Hab ich dann auch gemacht (hat mich insgesamt den ganzen Vormittag gekostet, was ohne richtiges Frühstück schon ein bisschen hart war) und dabei das Krankenhaus kennengelernt, zu dem ich auch gehen muss, falls mal was ist. Die Kommunikation mit unserem kleinem Niveau an spanischen Gesundheitsvokabular war etwas schwierig, aber irgendwie haben wir es geschafft… Unter anderem hat die Ärztin auch Blut- und Urinproben gemacht, um ausschließen zu können, dass es sich um Dengue handelt (war es zum Glück nicht). Der Armen ging es richtig schlecht und ich hatte ein bisschen ein schlechtes Gewissen, als ich sie mittags dann wieder allein im Hostel lassen musste…

Im Wartezimmer…

Was mich wirklich herausfordert sind die ständigen Stromausfälle seit zwei Wochen. Grund dafür ist die Wasserknappheit in Ecuador, da somit weniger Strom mit Wasserkraft gewonnen werden kann (mehr dazu erfahrt ihr hier). Dadurch fühle ich mich manchmal ein bisschen abgeschnitten und kann, wenn ich gerade Freizeit habe, nicht mit Freund*innen oder nach Hause kommunizieren, genauso wenig wie alles andere machen, wofür man Internet braucht (Nachrichten schauen, Blog schreiben, Duolingo und Babbel üben, Spanische Wörter schnell nachschlagen, Warmwasser im Haus anstellen …). In Puca Urku ist der Empfang von mobilen Daten besser, dafür ist es abends mit nur Kerzenschein allein im Haus recht abenteuerlich. Zwischenzeitlich hatte ich sogar kein Leitungswasser und musste immer erst mit dem Eimer in der Nähe vom Haus welches holen gehen. Langsam gewöhne ich mich daran, aber leicht ist mir das nicht gefallen. Vor allem, weil die ersten drei Wochen alles so gut funktioniert hat, dass ich mich an diesen Luxus gewöhnt habe. Im Pakashka Sacha kann ich sogar über eine Haus-App das Warmwasser anstellen (finde ich immer noch krass) und das WLAN ist normalerweise (wenn Strom da ist, haha…) auch sehr gut.

Mit dem Klima und den Insekten komme ich besser klar, als erwartet. Trotzdem nerven die vielen Mücken- und Sandfliegenstiche (Insektenspray mehrmals am Tag hilft nur bedingt) und an manchen Tagen ist es schon irre heiß. Nachts kühlt es in der Regel ziemlich stark ab, sodass ich morgens sogar manchmal meine Strickjacke brauche. Gefährliche Tiere sind mir bisher noch nicht begegnet, aber ich konnte schon ein paar interessante Insekten und Frösche finden (einmal sogar eine Fledermaus). Ein Problem war das bisher aber nie. Nur einmal ist beim Kochen aus dem Nichts ein Frosch gegen den heißen Topf gesprungen und durch die Hitze gestorben. Der Arme…

Es ist kein riesiges Problem, aber dennoch immer wieder eine Challenge: Spanisch. In den letzten Wochen habe ich unfassbar viel dazu gelernt und vor allem meine Scheu, einfach los zu reden, komplett abgelegt. Dennoch war es in den ersten Tagen auch etwas isolierend, wenn ich z.B. nicht verstehen konnte, was gerade am Tisch geredet wird. Es kostet viel Energie, immer und immer wieder nachzufragen, die Wörter zu wiederholen und vor allem nicht aufzugeben, wenn man schon wieder diese eine Vokabel vergessen hat (Ich habe aufgehört zu zählen, wie oft ich die Vokabeln „Schatten“, „Geschmack“, „riechen“ und „nass“ die letzten Wochen gelernt und wieder verloren habe…). Langsam wird es jedoch besser und ich fange sogar an, lokale Wörter und Redewendungen zu verstehen und teilweise zu übernehmen. In der Schule habe ich das spanische Spanisch gelernt, hier brauche ich das lateinamerikanische Spanisch, in dem es viele andere Worte für die gleiche Sache gibt. Dazu kommen Ausdrücke, die nur in Ecuador oder sogar nur in dieser Region existieren und der Slang, den einige der Studierenden benutzen und der viele Synonyme für „Kumpel“ sowie einige Flüche beinhaltet… 😉

Gerade am Anfang war es für mich durch die Sprachbarriere zudem schwierig, tiefe Gespräche zu führen. Deep Talk ist mir sehr wichtig, da er irgendwie zu meinem mentalen Wohlbefinden beiträgt. Ich blühe selten so auf, wie wenn ich in eine angeregte Diskussion vertieft bin und nicht bemerke, wie die Zeit vergeht. Mittlerweile konnte ich in einem der Studierenden und in Mara gute Gesprächspartner*innen finden und natürlich kann ich auch immer mit Freundinnen telefonieren. Es haben sich schon einige gute Gespräche ergeben, was mich sehr glücklich macht. Dennoch muss ich manchmal nach diesen Gelegenheiten sehr aktiv suchen. Der Eindruck, dass die Mehrheit der Menschen hier nicht sehr politisch interessiert ist und eher selten über Gott und die Welt philosophiert, hält sich leider bis jetzt. Dennoch gibt es natürlich Ausnahmen. Und manchmal muss man einfach ein bisschen länger bei einer Person nachbohren oder Themen einfach wie selbstverständlich ansprechen, um doch noch interessante Perspektiven zu hören…

(Versetzt, Deep Talk, geghosted, …)

Komplett lost
Warte und warte
Chat Verlauf neu laden
-keine Nachricht-
Meine Erwartungen zerbröckeln
Genauso wie mein Stolz
Ein kleines Häufchen
Ist was bleibt

Brauche dich
Brauche ihn
Brauche sie
Brauche euch
Denn ohne Deep Talk fühle ich mich leer
Gespräche und Diskussionen:
Meine Luft zum Atmen,
Denn immer nur performen
Ist anstrengend

Habe gedacht,
Du wirst antworten,
Habe gedacht,
Er wird dazukommen,
Habe gedacht,
Sie wird zurückrufen,
Habe gehofft
Ihr lasst mich nicht allein
Mit meinen Gedanken
Aber jetzt werde ich sie wohl niederschreiben

Jede angeregte Unterhaltung
Ein Geschenk
Vermisse es
Vermisse euch
Einfach los reden
(Keine Sprachbarrieren)
Entspannen
Treiben lassen
Bis in die Nacht
Gedanken tauschen
Ankommen
weg sein
lebendig fühlen
-ich-
Die Sonnenuntergänge hier sind immer wieder schön, man muss die Fotos nicht mal bearbeiten, damit sie so aussehen…

Die größte Überraschung

Tatsächlich hat die größte Überraschung für mich nichts mit der fremden Kultur, dem neuen Alltag oder der Natur hier zu tun, bzw. nur indirekt. Die größte Überraschung bin ich selbst. Ab dem ersten Tag hier kommen neue Facetten meines Charakters hervor, ich hätte nie gedacht, wie schnell und wie stark ich mich verändern würde (oder vllt hat all das schon ewig in mir geschummert?). Wenn ich versuche mich von Außen zu betrachten, bekomme ich fast den Eindruck, Hannah und Amanda (ich nenne mich hier mit meinem Zweitnamen, weil der leichter auszusprechen ist) sind zwei verschiedene Persönlichkeiten, obwohl ich mich immer noch wie ich selbst anfühle. Ich bin extrovertiert, rede mit fremden Menschen, probiere Dinge aus, von denen ich dachte, sie könnten mir nie gefallen, ich habe mein Schamgefühl abgelegt – egal ob es darum geht, auf einer fremden Sprache trotz Wortlücken und Grammatikfehlern einfach loszureden, zu fragen, wenn man Hilfe braucht/ was nicht versteht oder kein Thema als Tabu zu verstehen. Ich habe schon spanische Gespräche über Brillenoptik, die NS-Zeit, Weihnachtstraditionen, toxische Männlichkeit, Schlafprobleme, gendersensible Sprache, Religion, Verhütung und Abtreibung, Klimawandel, Korruption, Indigene Kultur(Verluste), Kräuterbeete und anderes geführt. Dafür braucht es viel Zeit, Geduld und einen online Übersetzer, aber irgendwie geht es, wenn man sich traut. Und ich traue mich.

Ich habe das Gefühl, alle Sorgen und Bedenken vor meiner Ausreise sind nicht mehr da. Ich fühle mich sicher hier (mein Tropenarzt sollte lieber nicht wissen, wie bedenkenlos ich hier Essen probiere und auch sonst viele der unmöglich umsetzbaren Tipps nicht mache…) und denke kaum an Morgen. Overthinking gibt es nicht, eigentlich lebe ich nur im Moment und ergreife jede Chance, die sich mir bietet, außer mein Bauchgefühl sagt nein. Und bis jetzt konnte ich dadurch echt schöne Momente aller Art genießen. Wenn ich Nähe brauche, suche ich sie mir, wenn mir jemand etwas anbietet, nehme ich es an, wenn ich Lust auf etwas habe, dann tue ich es einfach.

Ich glaube, ich habe unfassbar Glück mit meiner Einsatzstelle, die wirklich cool ist und sehr viel Abwechslung bietet. Ich profitiere total davon, dass ich immer abwechselnd eher mit Gleichaltrigen zusammen lebe oder halt alleine bin und Zeit für mich habe. Dadurch kann ich meine soziale Batterie gut aufladen und echt alles genießen, was so auf mich zukommt. Ich weiß wirklich nicht, was noch die nächsten Monate passieren wird, auf einmal scheint alles möglich zu sein.

jetzt & hier

Mein Leben
Nur noch im Moment
Tage verschwimmen - kein gestern, kein morgen
Ein paar Wochen ein Leben
Ein Leben ein Tag

Facetten verschwimmen
Werde zum Mond
Wandelbare Form
-alles fließt
Vergesse wer ich war
Und komme doch wieder zurück
Mit jedem Zyklus
Ein neues Ich
Lasse los und halte fest
Atem

Jetzt und hier
Der Morgen fern
Zeit umspült mich
Hoch und Tiefs…

Bis auf diesen Moment
Verschwimmt alles
Die Zukunft nicht da
Vergangenheit verblasst
Wer bin ich?
Ich schau mich an
Und weiß es nicht
(Nicht mehr)
-aber auf einmal ist es mir egal

Ausblick

Bis jetzt gefällt es mir echt gut in Ecuador und ich bin extrem froh, genau jetzt genau hier zu sein. Die im Vorbereitungsseminar „Vollkornbrotphase“ genannte Tiefzeit, in der wir Deutschland vermissen und es nicht so gut läuft, kam bei mir noch nicht. Auch Heimweh hatte ich bis jetzt erstaunlich wenig. Natürlich gibt es auch mal schlechte Tage und ich vermisse es z.B. Harfe spielen zu können, aber alles in allem bin ich hier sehr glücklich. Ich hoffe das bleibt so, aber irgendwann wird es wohl auch mal kippen und das ist okay. In diesen Momenten kann ich mich dann an all die schönen Erfahrungen erinnern, die ich bis jetzt schon sammeln durfte 🙂

Bis bald!

Hannah/ Amanda

Erste Tage in Puka Urku

Neben unserem Alltag im Pakaskha Sacha sind wir regelmäßig in der kleinen Communidad Puka Urku und helfen in der Grundschule mit. Dabei wechseln wir uns immer ab – gerade bin ich hier und vorletzte Woche habe ich auch schon im Dorf verbracht. Das Leben und die Aufgaben hier bringen noch einmal ganz andere Facetten in unseren Freiwilligendienst und ich bin echt begeistert, wie vielseitig unser Projekt insgesamt ist. Während sich das Pakashka Sacha für mich mittlerweile schon fast wie Zuhause anfühlt, fordert mich das Leben in Puka Urku mehr heraus. Bis jetzt habe ich hier sowohl echte Höhepunkte, aber auch schwierige Momente erlebt. Da wir nur innerhalb der Woche (Mo. – Fr.) und das auch nur abwechselnd da sind, habe ich hier insgesamt auch noch nicht so viel Zeit verbracht und bin immer noch in der Eingewöhnungsphase. Deswegen kann ich in diesen Beitrag auch erst mal nur einen groben Einblick geben, da ich die Menschen und meine Arbeit in der Grundschule natürlich erst oberflächlich kennenlernen konnte.

Willkommen in Puca Urku

Anreise

Normalerweise nehmen wir einen ein bis zweistündigen Bus von Tena aus und kommen dann Montag früh an. Freitag Mittag geht es dann zurück. Die Challenge ist es, im richtigen Moment dem Busfahrer zu signalisieren, dass man aussteigen will, da er sonst am Dorf einfach vorbeifährt. Theoretisch kann man aber auch ab Misahualli mit einem motorbetriebenen Kanu fahren. Dadurch spart man sich einiges an Zeit. Diese Woche sind die Lehrerin und ich so zurück gekommen…

mit dem Bus unterwegs
Auf dem Rückweg mit dem Kanu 🙂
Mein fetter Rucksack – ich muss jedes Mal auch Bettlaken, Handtuch, Essen für eine Woche usw mitbringen und meinen Müll wieder zurück nehmen

Das Freiwilligenhaus

Während der Arbeitswoche, die wir hier sind, leben wir in einem eigenen Haus, dass einfach von ehemaligen Freiwilligen gemeinsam mit den Menschen aus dem Dorf gebaut wurde. Die Lage ist echt absolut traumhaft mit Blick auf den Fluss. Jeden Abend/ Spätnachmittag um ca. 6:15 kann ich vom Balkon aus den Sonnenuntergang über dem Wasser beobachten. Ich habe ein kleines Bad, eine Küchenzelle mit mobilem Gasherd und ein Raum mit Bett und einem Schrank.

Das Haus für die Freiwilligen 🙂

Sonntags, bevor ich am Montag mit dem Bus hier her fahre, decke ich mich mit Lebensmitteln für die Woche ein. Außerdem muss ich Bettlaken, Handtücher, Lappen und so was mitnehmen. An sich ist es super entspannt, nur für sich zu kochen, die erhöhte Schwierigkeit ist nur, dass es keinen Kühlschrank gibt und das Klima hier noch mal deutlich schwüler und heißer ist als in Tena (Puka Urku liegt tiefer…). Bis jetzt bewährt haben sich Reis, Nudeln und dazu frisches Gemüse. Tierische Produkte wie Milch habe ich nie mit, die würden wahrscheinlich verderben.

Unter dem Haus (es steht auf Stelzen) kann ich eine Hängematte befestigen und runter zum Fluss ist es nicht weit. Besonders begeistert bin ich von den Pflanzen auf dem Grundstück. Morgens mache ich mir oft Tee aus Zitronengras und direkt um das Haus herum wächst Kakao. Selbst traue ich mich nicht, die Früchte zu ernten (sie gehören den Eltern des Chefs in Pakashka Sacha), aber ich habe schon ein paar Mal mit dem Nachbarskind zusammen Kakaobohnen gelutscht (das Fruchtfleisch ist wirklich mega lecker). Mit dem gleichen Jungen habe ich am Ende der ersten Woche auch ein Feuer gemacht und darauf meine Reste in Bratäpfel und Ofenkartoffeln verwandelt.

Unten am Fluss

Die Grundschule

Die Grundschule
Die Grundschule

Am ersten Schultag sind Mara, unser Chef und ich zusammen hingefahren und haben die Schuleröffnung mitgemacht. Danach sind die beiden wieder zurück nach Tena und ich war die restliche Woche allein da. Unterricht haben wir noch nicht gehalten, da die Lehrerin noch Lehrpläne und Inhalte durchgehen und vorbereiten musste. Stattdessen haben wir in der Woche eigentlich nur gespielt. Ich hatte Stickgarn mit, aus dem wir Armbänder knüpfen und flechten konnten, was bei den Kindern echt gut ankam. Ansonsten haben wir alle möglichen Spiele gespielt – von Klassikern wie Fangen bis hin zu Schwungtuch oder ein Kreisspiel namens „agua de limon“. Interessant war auch das Spiel „El presidente“, bei dem der President der Communidad immer irgendetwas benötigt (z.B. einen Bleistift, eine Yuca-Wurzel, eine Orange, ein weißes T-Shirt, …) und die Kinder es in verschiedenen Gruppen so schnell wie möglich herholen müssen. Oft waren es Pflanzenteile, die ich weder kannte, noch gewusst hätte, wo sie zu finden sind…

Insgesamt sind so etwa neun bis dreizehn Kinder in der Schule, in der ersten Woche war das Erscheinen der Schüler*innen nicht sehr zuverlässig, ich weiß nicht, ob sich das noch ändert. Die Lehrerin hat immer ganz ordentlich zu tun, da die Wissensstände recht verschieden sind und die Kleinsten (eine ist nur drei Jahre alt…) beim Spielen beaufsichtigt werden müssen, während die Älteren (die Älteste ist zwölf Jahre alt, danach ist eine ziemlich große Lücke bis zu 6-7 Jahre) natürlich richtigen Unterricht benötigen. Ziel der Schule ist es, die Kinder in drei Sprachen zu unterrichten: Spanisch, Kichwa und Englisch. Der Englischunterricht ist unsere Aufgabe, während die Lehrerin neben den üblichen Fächern auch Kichwa Wörter mit den Schüler*innen übt (z.B. die Zahlen oder das Wetter).

Der Unterricht findet eigentlich nur in einem Klassenraum statt. An sich gibt es viel mehr Räume und Gebäude, aber die meisten werden kaum genutzt. In dem Lehrerzimmer gibt es einen Drucker, den wir für Arbeitsblätter nutzen können. Die Schule liegt wirklich direkt am Fluss und in der ersten Woche haben die Kinder super viel gebadet. Es gibt eine Schaukel, die über das Wasser schwingt und von der aus man hineinspringen kann und an einem Tag sind wir ein Stück weiter an einen Strand gelaufen und haben dort kleine Häuser aus Naturmaterialien gebaut. Fußball und Basketball habe ich auch schon mit den Kindern gespielt, die aus einem mir unerfindlichen Grund ständig rennen wollen (auch wenn die Sonne bei über 30° knallt)… Auf dem Grundstück steht außerdem ein Orangenbaum, an dem sich fleißig bedient wird (ich wusste davor nicht, dass Orangen ab einer bestimmten Größe auch grün gegessen werden können) und einige Kochbananenpflanzen. Ehrlich gesagt ist es schwer zu sagen, wo hier ein Grundstück anfängt und das nächste beginnt, da es kaum Zäune gibt. Deshalb ist es auch total normal, wenn auf dem Schulhof Hühner rumlaufen oder mal ein Hund vorbeischaut.

Der Schulweg in Zeitraffer 😉

In der Frühstückspause gibt es jeden Tag einen kleinen abgepackten Snack und eine Schulmilch/ Saft für jede*n. Das ganze wird vom Staat bezahlt und ist in ganz Ecuador so. Diese Woche haben wir zudem plátanos (Kochbananen) geerntet, da ich welche zu Chips verarbeiten wollte. Mir war nicht bewusst, dass die Lehrerin gleich die ganze Dolde runterholen würde. Deshalb haben wir am nächsten Tag einfach in der Schule bei einer Feuerstelle gekocht. Die zermatschten Kochbananen mit Ei schmecken besser, als sie aussehen 😉

Letzten Dienstag haben die Eltern der Kinder eine Minga (Gemeinschaftlicher Arbeitseinsatz) gemacht und das Schulgelände gesäubert. Danach gab es noch eine Art Elternabend, bei dem ich die Tagesordnung vorlesen sollte, aber sonst nicht viel verstanden habe, da ca. 80% des Gesprochenen auf Kichwa war. Irgendwie hat mich das Ganze dennoch stark an Deutschland erinnert, vor allem, als es um die Frage ging, wer sich bereit erklären würde, Elternsprecher*in zu sein… Später wurde ich einfach zur Sekretärin des Elternrates gewählt, wobei mir versichert wurde, dass ich nur ab und zu Sachen vorlesen oder mal was notieren muss. Insgesamt war es echt schön, die Eltern der Kinder auch mal zu sehen, auch wenn ich nicht wirklich viel verstehen konnte.

Meine Freizeit

Die Schule endet in der Regel mittags und danach habe ich Zeit für mich. Oft koche ich erst einmal Mittagessen und mache das Haus ein bisschen sauber. Ansonsten chille ich in der Hängematte, schreibe meine Blogartikel (auch der letzte ist hier entstanden), bereite den Englischunterricht vor oder spiele mit den Kindern. Es ist immer ein bisschen unvorhersehbar, ob jemand und wer kommt. In der ersten Woche waren mich öfter Schulkinder besuchen, die mein Haus sehen und mit mir spielen wollten. Der eine Nachbarsjunge, der gleichzeitig der Neffe des Chefs im Pakashka Sacha ist, kommt öfter vorbei. Wir waren schon viel schwimmen (er hat mir eine Stelle am Fluss gezeigt, wo ein Nebenfluss mündet und das Wasser wärmer ist), haben Boote gebaut und schwimmen lassen, gekocht, Kakao geerntet und gegessen und Papierflieger gebastelt. Manchmal helfe ich ihn auch mit seinen Hausaufgaben, er geht in eine Grundschule in der nächsten Stadt. Ich bin immer wieder überrascht, wie gut er klettern kann, er turnt auf dem Dach des Hauses rum oder klettert die Kakaobäume hoch als wäre nichts dabei.

Abends koche ich manchmal oder esse Reste des Mittags, lese ab und zu (bis her irgendwie fast gar nicht), schaue manchmal Film und gehe ansonsten recht zeitig schlafen. Da es schon so früh dunkel wird ist das gar nicht so schwer. Ich wüsste auch nicht, was ich allein noch viel länger machen sollte. 05:50 Uhr klingelt dann wieder der Wecker und ich mache mich für die Schule fertig.

mit dem Nachbarsjungen Papierflieger fliegen lassen 🙂

Challenges

Wie schon am Anfang erwähnt, fordert mich das Leben hier mehr heraus als im Pakashka Sacha. Die ersten zwei Nächte allein im Haus waren schon echt gruselig, vor allem, weil ich neben den normalen Dschungelgeräuschen auch immer wieder ein Knarzen auf dem Dach gehört habe. Mittlerweile weiß ich, dass das wahrscheinlich Mäuse und andere Tiere sind und höre zum Einschlafen einfach ein bisschen Musik.

Nach meiner ersten Nacht musste ich feststellen, dass unter dem Türspalt eine sehr kleine Maus durchgekommen ist und mein Gemüse angeknabbert hat. Seit dem teste ich verschiedene Sachen aus, um das zu verhindern. Bis her hat sich am besten bewährt, eine Decke unter den Spalt zu stopfen und das Gemüse hochzustellen und am besten in einen geschlossenen Topf zu tun.

Eine große Schwierigkeit für mich ist die Kommunikation. Im Pakashka Sacha verstehe ich so ca. 30-80% des gesprochenen Spanisch, hängt auch immer vom Thema ab und ob die Person langsam redet. Notfalls kann ich mir dort aber immer mit Englisch oder Übersetzungstools weiterhelfen und immer wieder nehmen sich die Studierenden die Zeit und führen trotz der vielen Nachfragen und Unterbrechungen lange Gespräche mit uns. In Puka Urku fühle ich mich so, als würde ich erst seit einer Woche Spanisch lernen. Ich verstehe fast gar nichts von dem, was mir gesagt wird. Das hat mehrere Gründe: Es beginnt bei einem leichten lokalen Dialekt und der Tatsache, dass in Ecuador für viele spanische Worte Synonyme existieren, die ich jedoch nicht kenne. Außerdem reden die Kinder ziemlich schnell, mega leise und nuscheln dazu. Die meiste Zeit stehe ich hilflos da und sage „No lo se.“ oder „Lo siento, no entendido.“. Aber nicht nur ich verstehe wenig, wenn ich mit meinem Schulspanisch ankomme, werde ich oft auch nur verwirrt angeschaut…

Worauf ich nicht eingestellt war, ist, wie klein die Kinder teilweise noch sind. Insgesamt macht es mir Spaß, mit ihnen zu arbeiten, sie sind sehr süß und lustig, aber manchmal ist es auch anstrengend, wenn alle gleichzeitig meine Aufmerksamkeit wollen. Zudem sind sie extrem touchy, wollen ständig meine Hand halten, umarmen mich, küssen mich und fassen mich an. Tabus gibt es da nicht so wirklich und daran muss ich mich auch erst gewöhnen. Ich weiß noch nicht, wie ich Grenzen am besten kommuniziere, da einerseits mein Spanisch nicht so gut ist und andererseits ich die Kinder auch nicht verletzen will. Zum Glück habe ich aber das Gefühl, dass das nach der ersten Woche ein bisschen abgenommen hat. Vielleicht ist es auch die Aufregung und Neugier gewesen, mich als fremde Person kennenzulernen.

Highlights

Ich genieße es sehr, auch mal ein paar Abende für mich und ein bisschen me-time zu haben. Das Haus und die Lage sind wunderschön und jeden Abend beobachte ich den Sonnenuntergang. Es ist unglaublich, was hier alles für leckere Pflanzen wachsen und Kakaofruchtfleisch ist ein neuer Lieblingssnack von mir. Morgens starte ich oft mit einer Tasse frischen Zitronentees in den Tag. Außerdem macht es auch sehr Spass, für mich zu kochen und etwas Leckeres zu zaubern.

Ein Sonnenuntergang in Zeitraffer – ist in echt noch schöner als auf dem Video

Ich genieße es auch sehr, nachmittags lange schwimmen zu gehen und Zeit mit dem Nachbarskind zu verbringen. Das Baden macht echt Spaß, ist aber auch ein bisschen gefährlich, weil die Strömung wirklich sehr stark ist. Die Menschen hier sind teilweise noch ein bisschen distanziert, aber sehr nett. Die Familie des Chefs hat mir schon mehrmals Früchte von ihrem Feld geschenkt – Kochbananen, normale Bananen und eine riesige Papaya. Teilweise wusste ich gar nicht, wie ich das alleine alles aufbrauchen soll und hab es in der Schule geteilt. Eines der Schulmädchen hat mich schon nach ein paar Tagen zu sich nach Hause zum Saft trinken eingeladen. Wir haben Orangen gepflückt, ausgequetscht und mit Wasser und Zucker vermischt getrunken. An einem anderen Tag haben mir die Kinder einen riesigen Blumenstrauß gepflückt, den ich mit nach Hause genommen habe.

Generell lebe ich in Puka Urku sehr von Moment zu Moment, offen für alles und ohne viel Ablenkung. Das ist ein ziemliches Gegenteil zu den stressigen Alltag, wie ich ihn aus Deutschland noch kenne. Auch in der Schule ist alles sehr entspannt – der Unterricht entsteht relativ spontan und mit den Schüler*innen gemeinsam. Wenn es dann irgendwann zu heiß ist, ist es auch kein Problem, die Kinder kurz in den Fluss springen zu lassen oder wenn ich als Freiwillige plátanos will, dann machen wir aus den Restlichen halt am nächsten Tag ein Essen. Wenn man sich auf diese Spontanität einlässt, ist sie echt super entspannend. Sehr viele Sachen, die zuhause zu voll dem großen Ding gemacht worden wären, werden hier ganz pragmatisch und gechillt gesehen. Wenn wir irgendwas mit den Schüler*innen machen wollen, dann tun wir es einfach, ohne dass es viel Aufwand dafür bräuchte, eine gute Zeit zu haben. In diesem Fall bewundere ich auch die Lehrerin, die jeden Morgen um fünf den Bus aus Tena hier her nimmt und echt keinen leichten Job hat. Trotzdem ist sie super nett und hat ihren Spaß mit den Kindern. Davon kann ich viel lernen.

Ausblick

Ich freue mich sehr, wenn ich wieder nach Puka Urku fahre, ein bisschen Zeit für mich habe und viel von den Kindern und ihren Familien lernen kann. Dennoch bin ich auch ganz dankbar für die etwas „entspanntere“ Zeit im Pakashka Sacha mit den Studierenden, wo ich eher was mit Gleichaltrigen machen kann und der Kulturschock nicht so groß ist. Ich glaube die Abwechslung ist ganz gut so. Nächste Woche bin ich erst einmal wieder im Studentenhaus und werde neben dem Putzen/Kochen Englischnachhilfe geben und am Mittwoch die Englischschule in Tena besuchen. Außerdem muss ich noch einige Stunden auf dem Grundstück abarbeiten, um mein Pensum bis Monatsende zu schaffen.

Bis bald 🙂

Hannah Amanda