Ausreise und erste Woche

Über den Ozean (Flug)

Am 25.08.2024 ging es um 01:30 Uhr nachts los. Meine Familie hat mich noch zum Flughafen in Frankfurt gebracht, wo ich dann auf ein paar weitere Freiwillige gestoßen bin, die auch nach Ecuador gehen. 7 Uhr saß ich dann komplett müde in meinem Flieger nach Amsterdam. Beim Aussteigen sind wir komplett random über Vincent Weiß gestolpert und einige der anderen haben sich als Fans entpuppt. Nach einer Stunde Aufenthalt ging dann der 12 Stunden Flug nach Quito los. Während der Zeit habe ich viel Musik gehört (danke an alle, die meine Flugplaylist erweitert haben :)), etwas gelesen, das Kreuzworträtsel gelöst, dass ich zum Abschied von Familie Turek bekommen habe, “Bohemian Rapsody” geschaut und gedöst. Das vegetarische Essen war erstaunlich gut und ich habe zum Glück einen Platz am Fenster reserviert, weshalb ich die atemberaubende Sicht auf die Wolken genießen konnte.

Ankunft in Ecuador und auf dem Weg nach Tena

In Quito wurden wir von unserer Mentorin abgeholt, haben unser Gepäck in einen Kleinbus verfrachtet und sind noch einmal vier Stunden nach Tena gefahren. Ich war extrem müde, aber auch total begeistert von der Landschaft, die sich von Hochgebirge immer mehr in Richtung Regenwald verändert hat. Immer wieder sind wir an wunderschönen Wasserfällen und Flüssen vorbeigekommen und haben aufgeregt aus dem Fenster gezeigt. Mir war bis dahin gar nicht so bewusst, dass auch im Regenwaldgebiet überall Hügel und Berge sind, irgendwie hatte ich es mir immer flach vorgestellt. Mara und ich waren die einzigen Freiwilligen, die noch in der selben Nacht zu ihrer Einsatzstelle gebracht wurden. Die anderen haben noch ein oder zwei Nächte in einem Hostel in Tena geschlafen, bis unsere Mentorin uns alle absetzen konnte. Spät abends sind wir dann komplett übermüdet im Pakashka Sacha angekommen und wurden von den Studierenden und den zwei Hunden begrüßt. Nach einer kurzen Namens Runde ging es dann auch sofort ins Bett.

Fahrt nach Tena/ Hostel der anderen/ Abendessen (Pan de Yuca)/ Ausblick aus meinem Fenster am Morgen

Wasserfälle am Straßenrand

Erster Tag

Im Pakashka Sacha wird immer um ca. 7 Uhr gefrühstückt, jede*r ist mal dran mit Vorbereiten. Am ersten morgen hat uns einer der Studenten gleich nach dem Essen mit nach Tena genommen. Gemeinsam waren wir erst im Supermarkt und dann auf dem Markt Essen einkaufen. Außerdem haben wir uns ecuadorianische SIM Karten besorgt und gleich im Laden aktivieren lassen. Ich kann es immer noch kaum glauben, dass eine Fahrt mit den Bus nur 30 Cent kostet. Man gibt das Geld einfach direkt beim Einsteigen dem Fahrer. An das Bussystem hier muss ich mich noch ein bisschen gewöhnen, es ist sehr anders als ich es aus Deutschland kenne. Wenn wir nach Tena wollen, setzen wir uns vor dem Grundstück auf eine Bank und warten maximal eine Viertel Stunde am Straßenrand, bis der nächste Bus vorbeikommt. Da hier keine offizielle Haltestelle ist, winken wir ihn an uns heran und klettern schnell rein, bevor es weitergeht. In der Stadt gibt es Haltestellen, an denen der Bus immer hält, aber die haben keinen Namen. Deswegen muss man ziemlich genau wissen, wo man wann raus will und auch welchen Bus in welche Richtung man zurück nehmen muss. Auf dem Heimweg müssen wir im richtigen Moment aufstehen und laut “gracias” rufen, damit der Busfahrer anhält und uns rausschmeißt. Bisher musste ich das noch nie alleine finden, aber ich habe schon ein bisschen Respekt davor, falsch auszusteigen… So überfordernd das Ganze im ersten Moment auch ist, hat es doch seine Logik und Vorteile. Ich musste während der ersten Woche schon mehrmals nach einen Bus rennen, um ihn zu bekommen, und der Fahrer hat immer angehalten und gewartet. Aus Deutschland kenne ich das anders… Außerdem kann man echt überall auf der Strecke rausgelassen werden und muss nicht ewig zur nächsten Haltestelle laufen, was echt bequem ist.

Nachdem wir die Einkäufe nach oben geschleppt und Mittag gegessen haben, wurden wir durch das ganze Haus geführt und in alles eingewiesen. Mit meinem Spanisch komme ich so halbwegs zurecht, ich verstehe aber bei weitem nicht alles. Einige der Infos werde ich auf jeden Fall falsch machen, weil ich sie noch nicht verstanden habe, aber so ist es halt. Mara und ich haben jeweils ein eigenes Zimmer, wobei meines offiziell das Gästezimmer ist. Wenn also Besuch kommt, muss ich für die Zeit zu ihr ziehen. Das Haus ist echt mega schön, überall gibt es Schiebeladen aus Bambus vor den Fenstern und der Blick geht direkt auf den Wald. Auf dem Innenhof ist sogar eine kleine Hütte mit Feuerstelle und zwei Hängematten, die wir schon viel benutzt haben.

In der ersten Woche haben wir noch keine eigenen Aufgaben bekommen, sondern wurden verschiedenen Studierenden zugewiesen, damit wir ihnen beim Putzen und kochen helfen. Die Gemeinschaftseinsätze (Mingas) und der Englischunterricht beginnen erst in der Woche danach. Trotzdem war das mit Putzen am ersten Tag ein kleiner Schock für mich. Noch nie in meinem Leben habe ich beim Routine Putzen dermaßen gründlich sauber gemacht – und das passiert hier drei mal die Woche (wobei am Mittwoch nur grob (= wie ich es normalerweise mache) sauber gemacht wird…). Ich habe unter anderm die Küche mit gemacht, was bedeutet alle Wände mit einem Besen von eventuellen Spinnweben befreien, alle (!) Schränke und Kisten komplett ausräumen, auswischen und wieder einräumen, auf den Schränken abwischen, alles Bewegliche (auch Herd und Kühlschrank) verrücken und darunter fegen, alle Oberflächen mehrmals abwischen und danach überall den Boden wischen.

Am ersten Tag kam mir das ein bisschen übertrieben vor, aber mittlerweile sehe ich den Sinn dahinter. Dadurch, dass das Haus komplett offen ist, kommt auch allerhand Dreck und Insekten herein. Ohne dem häufigen und gründlichem Putzen wäre es hier wahrscheinlich ziemlich schnell unhygienisch und Tiere würden sich einnisten. Von daher lieber ein bisschen zu viel als zu wenig sauber machen…

Abends haben wir dann noch unsere Verträge fertig gemacht und Spiele gespielt. Besonders beliebt im Pakashka Sacha ist Rommee Cup und Domino (wobei zweiteres viel komplizierter ist, als ich es dachte…). Die Studenten sind echt super nett und unterhalten sich trotz unserem mäßigem Spanisch gern und oft mit uns. Wir verstehen nicht alles, aber immer mehr, und immer wieder gibt es echt witzige Verwechslungen und Wortfehler. Meine Sorge, mich erst einmal komplett fremd und allein zu fühlen, war total unberechtigt. Auch wenn der anstrengende Teil der Arbeit erst nächste Woche anfängt, fühlt sich jetzt schon alles vertraut und fast ein bisschen wie Zuhause an. Am Ende des ersten Tages war ich extrem müde, bin einfach nur ins Bett gefallen und sofort eingeschlafen.

Hier wohne ich 🙂

Das Pakashka Sacha
mein Zimmer 🙂

Highlights der ersten Woche

1. Highlight Nummer eins ist und bleibt die Natur hier. Alle Pflanzen, die ich als Zimmerpflanze kenne, wachsen hier einfach in riesig. Im Garten gibt es Kochbananen (plátanos), Zitronengras, Ananas Pflanzen, so eine Art Palme mit mindestens 3 m langen Blättern und jede Menge andere Sachen, die ich nicht kenne. In der Ferne habe ich schon Papageien fliegen sehen, Tucane gehört und allerhand interessante Insekten entdeckt. Einer der älteren Studenten hat Tourismus studiert und kennt sich mit den Pflanzen vor Ort richtig gut aus. Er hat uns schon viel gezeigt – z.B. eine Fruchtschale, die aussieht wie ein Seeigel und mit der man das Haar bürsten kann, ein Baum mit Luftwurzeln, der sich mit diesen ganz langsam in eine Richtung „läuft“, in dem er immer wieder neue wachsen und die alten absterben lässt (macht so ca. 20 cm Bewegung im Jahr), ein Blatt, dass auf der Haut einen Abdruck wie ei temporäres Tattoo hinterlässt oder ein Stamm mit ganz vielen Stacheln, mit dem man theoretisch Kartoffeln oder anderes Gemüse reiben kann. Eine kleine Mutprobe war es, mini Ameisen zu probieren, die beim Zerbeißen angeblich zitronig schmecken sollen, für mich aber einfach nur salzig waren. Mein neues Lieblingsgetränk am Morgen ist Tee aus frisch gepflücktem Zitronengras aus dem Garten.

2. Der selbe Student hat uns durch das Waldgebiet auf dem Grundstück geführt. Es gibt einen “Wanderweg”, wobei es sich an vielen Stellen eher um einen sehr steilen und sehr rutschigen Trampelpfad handelt, der an Abhängen hoch und runter führt. Auf dem einen Berg hat man eine wunderschöne Aussicht über den Wald und sieht in der Ferne sogar Tena. An einem anderen Tag sind wir noch tiefer in den Regenwald rein zu einer Art Grotte mit mini Wasserfall, in der wir einfach baden konnten. Das Wasser war eiskalt, aber mega erfrischend. Der Ort ist wirklich ein kleines Paradies und sehr schwer zu erreichen. An einem anderen Tag sind wir zu einem kleinen Fluss in der Nähe gegangen, der als Badestelle bekannt ist. Es hat echt Spass gemacht, gemeinsam mit den Studierenden Schwimmen zu gehen.

Aussichtspunkt auf dem Grundstück

3. Das Essen und Trinken hier ist einfach mega lecker. Es gibt viel frisches Obst, aus dem wir auch selber Saft machen (es heißt hier zwar “jugo” = Saft, ist aber eher Limo ohne Sprudel. Die pürierte Frucht wird mit viel Wasser verdünnt und mit Zucker zugesetzt…). Oft gibt es Reis mit Gemüse, Saucen, Fleisch (das ich allerdings weglasse) und fast immer Ei. Immer wieder werden Sachen aus meiner Sicht richtig random kombiniert, sind aber extrem lecker. Die Kombi aus mehreren sättigenden Beilagen (z.B. Reis und Kartoffeln, etwa selbstgemachte Pommes) sind hier so normal wie das Spiegelei zu jedem Essen. Einmal haben wir eine extrem leckere Suppe gegessen und einfach frisches Popcorn wie Croutons darüber gestreut. Einer meiner neuen Lieblingssnacks sind Chips aus Kochbananen (wirklich mega lecker) und Eis mit Käse drauf schmeckt wieder erwarten auch richtig gut.

Downlights der ersten Woche:

1. Jeden Morgen früh aufstehen, auch wenn wir am Abend davor noch ewig gespielt und gequatscht haben… Dazu die Hitze tagsüber (am Morgen ist es dafür echt kalt) und ich bin den ganzen Tag müde.

2. Das Brot hier ist so eine Art süßes Toast und gar nicht mal so gut, aber nichts kommt an den normalen Standart Käse ran, der ist wirklich einfach seltsam vom Geschmack. Nur auf dem Eis war irgendwie anderer, viel milderer, muss mal schauen, ob ich solchen irgendwo auch so aufgetrieben bekomme.

3. Das Putzen ist schon ein bisschen nervig und vor allem echt anstrengend wenn man es tagsüber in der Wärme macht.

Die (bisher) nützlichsten Sachen, die ich eingepackt habe:

  • Bauchtasche
  • Naturschnur (als Wäscheleine, um Fotos aufzuhängen oder ein Mobile zu basteln :))
  • Plastiklatschen
  • Stickgarn zum Armbänder knüpfen – super Beschäftigung und Eisbrecher (auch wenn das Erklären, wie es geht, mit meinem Spanisch immer auf Schwierigkeiten stößt…)
  • altes Ersatz Handy (für unterwegs)

Die (bisher) unnötigsten Sachen, die ich eingepackt habe:

  • ein bisschen Makeup
  • Regenjacke
  • Regenschirm
  • e-Book- Reader (bin leider noch nicht wirklich zum Lesen gekommen)
  • Sandalen (liegt aber an den Schuhen selbst, die sind kompletter Schrott und nach einmal hier Tragen kaputt gegangen)

Die (bisher) größte gemeisterte Challenge:

Am Samstag sind Mara und ich allein nach Tena gefahren, ohne zu wissen, wo wir aussteigen müssen. Irgendwie haben wir uns dann durchgeschlagen, bis wir den Laden gefunden hatten, in dem man Spiegel reparieren konnte. Mit neuer Scheibe im Rahmen sind wir dann weitergezogen, haben irgendwie in einer Apotheke unser SIM Guthaben aufgeladen, Besorgungen gemacht, einen wunderschönen Laden entdeckt (in dem ich sogar Holzperlen für mein Mobile kaufen konnte – da war ich echt restlos glücklich, hätte nicht gedacht, dass ich sowas finde), in einem der „Ropa Americana“-Läden gestöbert (so eine Art Second Hand Laden mit Kleidung aus den US, gibt es echt überall), Bananenchips und Eis mit Käse gegessen, Geld abgehoben und nach einmal wieder aus einem Bus steigen, weil er doch der Falsche war, irgendwie zurück gefunden. Das alles auf Spanisch und ohne Haltestellenbezeichnungen, da war ich schon stolz auf uns.

In Tena unterwegs
der bisher mit Abstand schönste Laden in Tena 🙂
Meine Einkäufe… 😉
Oft genutzte/ neue Wörter:

Lappen - trapo
Geld abheben - retirar dinero
Topf - olla
Knoblauch - ajo
Haferflocken - harina de avena
Ameise - horminga
Witz - broma
finden - encuantrar
oben - arriba
segeln - velar
Kochbanane - plátanao

Ausblick

Meine erste Woche war echt voller neuer Eindrücke und sehr schön. Ich habe viel gelernt, mich irgendwie mit Spanisch durchgeschlagen und eine echt schöne Zeit gehabt. Es ist krass, wie wohl ich mich hier schon fühle und wie gut wir uns mit den Studierenden bisher verstehen. Am Sonntag sind wir mit unserem Chef nach Purca Urku gefahren, wo ich die folgende Woche für fünf Tage leben und in der Grundschule mitmachen werde. Über die Erfahrung berichte ich ein anderes Mal.

¡Hasta luego!